Es ist ziemlich erstaunlich, dass ausgerechnet das Medienrecht in den Weiten des Internets ziemlich mies aufgeschlüsselt ist. Man findet kaum Informationen, die mehr tun als Gesetzestexten wiederzugeben, geschweige denn irgendetwas in einfachen Worten zu erklären. Was bedeutet Sorgfaltspflicht? Was beinhaltet denn das Redaktionsgeheimnis? Welche Sonderrechte genießen JournalistInnen überhaupt? Und wann ist man eigentlich einer? Ich habe unter anderem mit dem bekannten Medienanwalt Gottfried Korn telefoniert und versucht, einige Dinge zusammenzutragen. Der Grund? Ich rufe zur Reform des Medienrechts auf.

Als JournalistIn genießt man einige „Berufsprivilegien“. Herr Korn erklärte mir dies damit, dass man als solcher ja existentiell vom Veröffentlichen abhängt, eine Privatperson aber immer die freie Wahl hätte. Diese Privilegien kommen laut österreichischem Mediengesetz „Medieninhabern“ und „Medienmitarbeitern“ zugute. „Das sind Blogger sicher nicht“, meint Korn.

Was bedeutet dieser Sonderstatus?

Ein Privileg ist der Presseausweis, der aber „keine medienrechtliche Relevanz hat“ (Korn). Er hilft Ermäßigungen zu bekommen oder bei diversen Veranstaltungen akkreditiert zu werden, sicher auch in der ein oder anderen Situation einen gewissen Respekt oder Informationen zu beschaffen. Den offiziellen Presseausweis bekommen in Österreich nur hauptberufliche JournalistInnen. Mein Anruf beim zuständigen Kuratorium endete mit der Auskunft: Kein durchschnittliches Einkommen von 1150 Euro über die vergangenen sechs Monate? Na dann, „keine Chance“!

Damit hätte selbst ich als teilzeit-beschäftigter und ständiger Journalist keinen Anspruch. Die Auswirkungen am Beispiel veranschaulicht: Als ich einmal für derStandard.at über den medienöffentlichen, parlamentarischen Innenausschuss zu den Skandalen im Innenministerium berichtete, brauchte ich eine seperate Bestätigung um eingelassen zu werden. Als reiner Blogger wäre ich draußen geblieben. So tatsächlich geschehen am ersten Tag der #unibrennt-Proteste im Wiener Audimax. Als die Polizei den Eingang verriegelte, wurden die Kameras des ORF durch die Blockade gelassen, ich musste draußen bleiben.

Ein zentrales Recht für die Arbeit in heiklen Bereichen ist der Schutz des Redaktionsgeheimnisses. JournalistInnen müssen ihre Quellen und InformantInnen nicht preisgeben, genießen auch einen weitgehenden Abhörschutz. Dieses Geheimnisrecht gilt laut Korn nicht nur für die JournalistInnen, sondern zum Beispiel „auch für die Sekretärin“. So kann es nicht umgangen werden.

§ 31. (1), Mediengesetz – Medieninhaber, Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes haben das Recht, in einem Verfahren vor Gericht oder einer Verwaltungsbehörde als Zeugen die Beantwortung von Fragen zu verweigern, die die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes von Beiträgen und Unterlagen oder die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen betreffen.

Im Gegenzug haben JournalistInnen auch Sorgfaltspflichten. Ihre veröffentlichten Informationen müssen sie ausreichend begründet für wahr halten, außerdem müssen sie auch tatsächlich von öffentlichem Interesse sein.

§29, Mediengesetz – Der Medieninhaber oder ein Medienmitarbeiter ist wegen eines Medieninhaltsdelikts, bei dem der Wahrheitsbeweis zulässig ist, nicht nur bei erbrachtem Wahrheitsbeweis, sondern auch dann nicht zu bestrafen, wenn ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung bestanden hat und auch bei Aufwendung der gebotenen journalistischen Sorgfalt für ihn hinreichende Gründe vorgelegen sind, die Behauptung für wahr zu halten. Wegen eines Medieninhaltsdelikts, das den höchstpersönlichen Lebensbereich betrifft, ist der Medieninhaber oder ein Medienmitarbeiter jedoch nur dann nicht zu bestrafen, wenn die Behauptung wahr ist und im unmittelbaren Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben steht.

Obwohl der Schutz von Opfern und Privatsphäre in Österreich immer wieder missachtet wird, besteht ein großer Teil des Mediengesetzes nur daraus, dass es Konsequenzen dieser Missachtungen regelt. Große Redaktionen gereicht hier der wirtschaftlich bessere Hintergrund zum Vorteil, um eventuelle Fehler (oder nicht nachweisbare Wahrheiten) auszugleichen. Für einzelne BloggerInnen kann so eine Klage empfindliche finanzielle Strafen bedeuten. Wie hier eine Reform aussehen könnte, ist am schwierigsten vorstellbar.

Warum Reformbedarf herrscht?

Redaktionen und Medienbetriebe haben schwierige und unsichere Zeiten vor sich. Immer öfter werden JournalistInnen in Teilzeit-Beschäftigungen arbeiten und sich Mikromedien um den Journalismus in unserer Gesellschaft kümmen. Über 40% der 7.500 professionellen JournalistInnen in Österreich (also denen die unter heutigen Bedinungen als solche gelten) waren 2007 – also vor der Krise – freiberuflich tätig. Es ist nur logisch – ja gar zwingend nötig – dass wir die Gesetze auch diesen kommenden und neuen Umständen anpassen. Journalismus als für die Demokratie essenzielle Aufgabe ist nicht länger einer elitären Schicht vorbehalten, sondern muss breiter betrieben werden. Die zur vollen Ausübung der Aufgabe notwendigen Rechte sollten also auch für jeden Menschen bestmöglich gesichert werden.

„Journalismus wird für viele Einsteiger – hier durchaus etwa vergleichbar mit dem Beruf des Musikers – eine Art Lebenstraum bleiben und nicht zu einer kontinuierlichen Berufskarriere führen.“ – Roman Hummel (Quelle als PDF)

RSS-Feed Mein erster Vorschlag für eine Reform des Medienrechts: Der Presseausweis soll für alle die journalistisch tätig sind erhältlich werden. Wenn er beantragt wird, soll künftig die Art der Arbeit geprüft werden (Werden journalistische Werke von dieser Person geschaffen oder nicht?), nicht mehr die Höhe des Gehalts. Der Ausweis soll außerdem medienrechtliche Bedeutung bekommen und als Garantie für die Geltung von Journalistenrechten (insbesondere den Quellenschutz) dienen. Diese werden damit ebenfalls vom Einkommen ent- und an die Arbeitsweise gekoppelt. Privilegien die BerufsjournalistInnen bleiben sollen (etwa die paar noch geltenden Ermäßigungen) könnten bei drigendem Bedarf nach solchen Ausnahmen über einfache Maßnahmen (wie einen Zusatzstempel) verwirklicht werden.

Ich rufe hiermit zum weiteren Ideensammeln in euren Blogs oder per hiesiger Kommentarfuntion auf.

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