Die westeuropäischen Staaten liegen 14 Mrd. Euro hinter ihren Entwicklungshilfezusagen zurück, die sie vor fünf Jahren den Entwicklungsländern beim G8-Treffen in Schottland gegeben haben. Österreich liegt mit einer EZA-Quote von 0,37% des BIP gemeinsam mit Portugal, Griechenland und Italien am Ende der westeuropäischen EZA-Skala. Als Bürger schäme ich mich dafür.

Noch beschämender ist es jedoch, wenn – wie Franz Fischler am Wochenende aufzeigt – Österreich bereits 1970 versprochen hat, bis Mitte der 70er-Jahre eine EZA-Quote von 0,7% des BIP zu erreichen. Obwohl Österreich diese Zusagen 1975, 1992, 1997, 2002 und 2006 bestätigt hat, wird für 2010 eine EZA-Quote von lediglich 0,29% erwartet – 0,15% unter dem Wert vor vier Jahren!

Aber die Krise!

Wie in vielen anderen europäischen Ländern dient auch hierzulande die Wirtschaftskrise als willkommener Vorwand, sich vor der Verantwortung zu drücken. Doch obwohl die Wirtschaftskrise natürlich Druck auf das Budget ausübt, dürfen wir nicht übersehen, dass (analog zur Klimakrise) gerade Entwicklungsländer auch hier oft stärker betroffen sind als Industrieländer.

Denn während die Wirtschaftskrise hierzulande höhere Arbeitslosigkeit, weniger Budgeteinnahmen oder geringere Managerboni bringt, bedeutet sie in Entwicklungsländern einen weiteren Anstieg von Hunger, Krankheiten und Todesfällen, gerade für Kinder. Die Anzahl der Hungernden überstieg letztes Jahr weltweit die Milliardenmarke. Das sollte ein Weckruf sein, uns Gedanken über unsere politischen und wirtschaftlichen Prioritäten und unsere globale Verantwortung zu machen. Auch steht zur Debatte, wie unsere bisherigen Ansätze effektiver werden, Entwicklung anzukurbeln und Armut zu bekämpfen .

Viele Probleme sind offensichtlich: Wenn westliche Staaten lokale Volkswirtschaften mit protektionistischen Importzöllen und dem Abverkauf von landwirtschaftlichen Produktionsüberschüssen zu Dumpingpreisen zerstören, können die positiven Effekte der Entwicklungszusammenarbeit diese negativen volkswirtschaftlichen Effekte bei weitem nicht kompensieren. Wenn westliche KonsumentInnen Produkte kaufen, die von Kindern hergestellt wurden, die daher den ganzen Tag keine Schule besuchen können, wird der Fortschritt ganzer Gesellschaften behindert.

Farce

Und wenn westliche Unternehmen nach neuen, billigen Möglichkeiten zur Übersättigung westlicher KonsumentInnen suchen und dabei fruchtbares Land in Entwicklungsländern kaufen, berauben sie die dortige Bevölkerung ihrer Rechte, Unabhängigkeit und Zukunft – gar nicht zu reden von Korruption, Umweltverschmutzung und anderen Problemen. Halten wir uns dieses ‚Big picture‘ vor Augen, werden die offiziellen Bekenntnisse zu nachhaltiger, globaler Entwicklung immer mehr zur Farce.

Wir müssen daher zuallererst eine Phrase verinnerlichen, die ich unlängst bei einer Podiumsdiskussion gehört habe: „Es gibt keine nachhaltige Entwicklung ohne faire Entwicklung.“ Jegliche entwicklungspolitische Bemühungen verlieren enorm an Wert, wenn wir gleichzeitig Entwicklungsländer ihrer Resourcen, demokratischen Fortschritte, Bildungschancen oder wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit berauben. Die Herausforderung ist daher keine geringere als eine Änderung der globalen Lebens-, Arbeits-, Produktions- und Konsumverhältnisse – gerade in westlichen Ländern.

Ein mittelfristig nachhaltiges, globales Wachstum wird für westliche Länder einen Gesundschrumpfungspfad zu stabilen Volkswirtschaften bedeuten. Nachhaltige Lebensmittelproduktion wird einen fairen, ökologischen und verantwortungsvollen Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen bedeuten. Und eine nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft wird eine gerechtere Verteilung von Einkommen, Vermögen, Ressourcen oder Bildungschancen bedeuten und gerade in Entwicklungsländern die Stärkung von Frauen ins Zentrum stellen.

Braucht es wirklich erst verheerende Erdbeben um jahrzehntelange, entwicklungspolitische Fehlentwicklungen auf den medialen Radar zu bringen? Gerade wir junge WeltenbürgerInnen müssen deshalb unsere Stimme erheben, Mitsprache bei den Entscheidungen einfordern und bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Die kollektive Information zu diesen globalen Herausforderungen sollte dabei ebenso im Zentrum stehen wie große Lösungen der Marke globale Schuldenerlässe und kleine, innovative Lösungen wie diverse Micro-Aid-Ansätze.

Foto Credits: CC von United Nations Development Programme

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