Mit einer kleinen Verspätung sind wir nun beim sechsten Teil der PolitikbloggerInnenstudie angelangt. Im Finale widmen wir uns den journalistischen Vorkenntnissen der BloggerInnen, deren Beurteilung rechtlicher Gegebenheiten und dem Verhältnis von BloggerInnen zum traditionellen Journalismus.

BloggerInnen sind keine JournalistInnen

BloggerInnen sind BloggerInnen und JournalistInnen sind JournalistInnen. Diese Behauptung stellten wir im Fragebogen auf und diese Behauptung erscheint mir als richtig. Mittlerweile gibt es kaum noch Menschen, ob in der Kommunikationswissenschaft oder unter den PraktikerInnen, die versuchen BloggerInnen und JournalistInnen gleichzusetzen.

Leidige Diskussion

„Blogger können Journalisten sein und Journalisten Blogger. Im Regelfall sind Blogger jedoch keine Journalisten und stellen diesen Anspruch auch nicht an sich. Die ganze (leidige) Diskussion rührt vielleicht daher, dass Journalisten durch Blogger ihr Meinungsmonopol bzw. ihre Gatekeeper-Funktion bedroht sehen.“

So beschrieb eine befragte Person das Verhältnis BloggerInnen zu JournalistInnen und befindet sich damit in guter Gesellschaft. Der überwiegende Großteil der Befragten sieht starke Unterschiede zwischen Blogging und Journalismus. So sehen sie BloggerInnen etwa vorrangig als Verbreiter von Meinungen. Während in Blogs vorwiegend subjektiv argumentiert wird, steht im Journalismus Objektivität im Vordergrund (so sollte es zumindest sein).

Organisation vs. Privat

Auch die Produktionsbedingungen sind kaum zu vergleichen. Während Journalismus vorrangig in Organisationen mit klarer Aufgabenverteilung stattfindet, werden Blogs hierzulande privat von Einzelpersonen (oder einer Gruppe von Einzelpersonen) betrieben. Wir halten also fest: BloggerInnen sind keine JournalistInnen.

Journalistische Vorkenntnisse?

Eine gewisse Verwandtschaft im schöpferischen Prozess ist jedoch kaum von der Hand zu weisen. Demnach schadet es auch nicht, wenn BloggerInnen journalistische Vorkenntnisse haben. Eine klare Schreibweise, die Fähigkeit zur kritischen Recherche oder das Wissen um rechtliche und ethische Grundlagen sind Skills, die auch BloggerInnen bei ihrer Tätigkeit positiv unterstützen und die Qualität der Inhalte steigern können.

55 zu 45

Das Verhältnis von BloggerInnen mit journalistischen Vorkenntnissen zu BloggerInnen ohne journalistische Vorkenntnisse zum Zeitpunkt des Beginns ihrer Tätigkeit ist mit 55% zu 45% relativ ausgeglichen. Jene BloggerInnen die laut eigener Auskunft über journalistische Vorkenntnisse am Beginn ihrer Bloggerkarriere verfügten, sehen diesen Umstand als sehr förderlich für ihr Schaffen an.

Recherche, Recherche

Journalistische Kenntnisse helfen – dies nannten die Befragten am häufigsten – vor allem im Prozess der Recherche und stellen ein wertvolles Rüstzeug dar um den LeserInnen gute Inhalte bieten zu können. Journalistische Vorkenntnisse sind also keineswegs Bedingung zur Führung eines „guten Blogs“, hilfreich sind sie aber allemal.

Medienrechtliche Ungerechtigkeiten?

Fühlen sich BloggerInnen hinsichtlich des Medienrechts und sonstiger Rechtsgrundlagen gegenüber JournalistInnen ungerecht behandelt bzw. behindern rechtliche Zwänge die BloggerInnen bei ihrer Tätigkeit? Zu meiner Überraschung verneinte der überwiegende Großteil diese Frage. Im Großen und Ganzen fühlen sich die österreichischen PolitikbloggerInnen von medienrechtlichen Vorgaben in ihrer Tätigkeit nicht behindert.

Die Schere im Kopf

Als Kritikpunkt wurde jedoch vorrangig die Impressumspflicht genannt. Journalistinnen können sich meist hinter einem starken Verlag und deren Rechtsabteilungen „verstecken“. BloggerInnen haben diese Möglichkeiten nicht, müssen jedoch aus rechtlichen Gründen aus der Anonymität treten. Dies führe bei heiklen Themen zu einer

„Schere im Kopf“

wie es eine befragte Person ausdrückte – Selbstzensur.

Medial anerkannt?

Der Großteil der befragten BloggerInnen hat derzeit nicht den Eindruck, dass Blogs von traditionellen Medien wirklich anerkannt werden. Allerdings sehen viele der Befragten eine Tendenz in die “richtige Richtung”. Denn JournalistInnen – vor allem jene die aktiv Web 2.0-Anwendungen nutzen – greifen laut den PolitikbloggerInnen immer häufiger Themen aus österreichischen Weblogs auf. Zwei Statements wollen wir an dieser Stelle vorstellen:

„Blogs werden von den klassischen Medien nicht anerkannt. Ausnahme ist da nur ATV, dort hat man erkannt, dass Blogger auch Multiplikatoren sein können. Negativbeispiel sind ORF und Falter.“

„Ich denke Blogs werden von traditionellen Medien in Österreich (noch) nicht als Konkurrenz wahrgenommen. Demgegenüber werden sie jedoch immer öfter von anderen Online- und Offlinemedien aufgegriffen. Gerade große, gemeinsame Aktionen wie die Grünen Vorwahlen schlagen in den traditionellen Medien breite Wellen.“

Das Ende?

Damit schließen wir diese sechsteilige Serie vorerst ab. Vielen Dank an dieser Stelle noch einmal an alle BloggerInnen, die sich durch den Fragebogen gekämpft haben. Natürlich konnten wir manche Themen im Rahmen des Projekts nur anstreifen. Aus diesem Grund wird mein Kollege, Michael Andres, im Rahmen seiner Masterarbeit weiter in die tiefen Tiefen der österreichischen Blogosphäre eintauchen. Und dazu die Ergebnisse nach Abschluß des Projekts auch mit zurPolitik.com und den LeserInnen dieses Blogs teilen.

Foto: cogito ergo imago, CC2.0-BY-SA

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