Im Artikel 23 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte findet sich unter Ziffer 1 folgender Satz:

Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.

Sehr schön. Mittlerweile befinden wir uns am Arbeitsmarkt, auch in den westlichen Gesellschaften, wieder mitten in einem beinharten Überlebenskampf.

Es sind nicht ganz 100 Jahre vergangen, seit im österreichischen ABGB die ersten maßgeblichen arbeitsrechtlichen Bestimmungen implementiert wurden (Teilnovellierungen 1914, 1915, 1916), 1973 wurde das Arbeitsverfassungsgesetz kodifiziert und überall dachte man, der gemeine Arbeitnehmer war endlich respektiertes Mitglied der Gesellschaft.

…it gets worse here everyday…

Einiges hat sich bis heute geändert. So brach die sogenannte Globalisierung über die westliche Welt herein. Arbeitsplätze wurden und werden ausgelagert, outgesourced sagt man dazu, man kann im Callcenter gut und gerne auch mit Indern telefonieren, wenn’s passt. Irgendwo auf der Welt gibt es mit Sicherheit jemanden, der es billiger macht. Irgendwo auf der Welt gelten weniger strenge gesetzliche Bestimmungen, lang lebe der Wettbewerb.

Man mag nun einwenden, dass all die mühsam erstrittenen Regeln und Gesetze doch hierzulande immer noch gelten, das ist richtig, das Problem ist jedoch nicht die Gültigkeit der Gesetze, sondern die mittlerweile fehlende Möglichkeit ihre Anwendung einzufordern.

… ya learn ta live like an animal…

Wir befinden uns noch immer inmitten einer der größten Wirtschaftskrisen der Weltgeschichte, verursacht durch die Profitgier von Bankern, ermöglicht durch die Dummheit gekaufter Politiker, auf der gesamten Welt verteilt durch eine globale „Geiz ist geil“ Mentalität. Der Profit ging an einige Wenige, die Kosten zahlt der Steuerzahler („Wir müssen jetzt zusammenhalten!“), aktuell gehen knappe 100 Milliarden Euro nach Irland.

Und während der Arbeitsmarkt im Westen noch immer darniederliegt, melden erste Konzerne bereits wieder Gewinne („Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut“), die durch die Krise erzwungenen Adaptionen bei den Arbeitnehmern (Kurzarbeit, Leiharbeit, erhöhte Flexibilisierung) bleiben aufrecht. Beschweren darf sich die Arbeitnehmerin nicht, schließlich stehen genug andere arme Würschteln auf der Liste, die sich schon die Hände um den Tagelöhnerjob, den sie ausübt, reiben.

…in the jungle where we play…

Nachdem man auch hierzulande das Präkariat erfolgreich als Arbeitsmodell institutionalisiert hat – unbezahlte Praktika, freie Dienstnehmerschaft, etc. – präsentiert sich bei der berufstechnischen Selbstausbeutung, sprich Jobsuche, ein ganz neues Wettbewerbsschema: mit höherer Qualifikation konkurriert man nicht mehr um höheren, sondern um den möglichst niedrigen Lohn. Das wird vor allem in Stellenaussschreibungen deutlich und manifestiert sich dann bei den persönlichen Auswahlverfahren.

Gesucht wird generell die so genannte „eierlegende Wollmilchsau“, zahlen tun wir, bitteschön, aber nicht so gern. Darüber hinaus sollte man möglichst rund um die Uhr verfügbar sein. Privatleben? Haha, Sie sind lustig!

…if you got a hunger for what you see, you’ll take it eventually…

Das führt schließlich dazu, dass man sich zwar häufiger Gedanken darüber macht, den ausschreibenden Institutionen gleich bei der Vorstellung das Götz-Zitat wieder einmal in Erinnerung zu rufen, viele jedoch, die finanziell davon abhängig sind, sich in der „wer gibt’s billiger“-Arbeitswelt auch ein Leben zu verdienen, haben keine Wahl, als den Job für einen Hungerlohn zu machen. Immer in der Hoffnung, sich genügend Know-How zu erarbeiten, um beim nächsten Interview etwas bessere Karten in der Hand zu haben.

…you can have anything you want, but you better not take it from me…

Ein Trugschluss, denn nachdem gewöhnliche Anstellungen nicht mehr das Standardmodell am Arbeitsmarkt und freie Dienstverträge auch nur ein euphemistischer Ausdruck für das moderne Tagelöhnertum sind, ändert sich beim nächsten Interview rein gar nichts zum Besseren.

Im Gegenteil, es gibt wieder ein paar mehr Mitbewerber, die es billiger machen, wenn du den Job also nicht willst, bist du selber schuld. Nicht konkurrenzfähig. Im schlimmsten Fall Arbeitsverweigerer. Schmarotzer in der sozialen Hängematte.

…you know where you are, you’re in the jungle baby…

Und was macht die Politik? Die lehnt sich zurück und tut gar nichts. Oder aber sie verkündet den Faulpelzen, die sich nicht vermitteln lassen, dass sie demnächst Schneeschaufeln oder Straßenkehren müssen. So wird das Recht auf Arbeit langsam aber sicher zur Pflicht und irgendwann zum Zwang. Willkommen in der Leistungsgesellschaft.

Daneben schaltet man um hunderttausende Euros Inserate, in denen man sich selber preist und versorgt Parteikumpel, Günstlinge und großzügige Spender mit wahlweise gut dotierten Jobs (Bonjour Bruxelles!) oder opportuner Gesetzgebung.

…. it’s gonna bring you down! Ha!

Die Textüberschriften stammen aus dem Guns N’ Roses Klassiker „Welcome to the Jungle“,  wer sich austoben will – bittesehr, man klicke HIER.

Susanne, 24. November 2010

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