Über die Weihnachtsfeiertage besuchte ich meine Eltern in der Steiermark. Bei solchen Gelegenheiten geht man natürlich fort, um alte Freunde zu treffen. In Wien fand ich als Nichtraucher (neben all den verrauchten Topp-Lokalen) auch feine Lokale, die gut getrennte Räume anbieten. In Bruck/Kapfenberg gibt es hingegen schlicht kein Angebot an brauchbaren, rauchfreien Locations. Dabei sind die quasi zusammengewachsenen Mürztalmetropolen mit einem Einzugsgebiet von über 50.000 Menschen sicherlich nicht das, was man in Österreich als strukturell unterentwickelten, ländlichen Raum bezeichnet.

Da die Initiative „Nichtrauchen in Lokalen“ fast zeitgleich auch unseren Goldenen Hut als beste politische Bewegung im Web gewann, wollte ich mich zum Stand der Dinge erkundigen. 110.000 Mitglieder hat die Facebook-Gruppe, die Franz Doppelhofer im vergangenen Jahr gründete. Der in Wien lebende Steirer organisiert im Moment auch das Volksbegehren mit und gab uns ein ausführliches Interview.

Er verriet darin, dass bereits genügend Unterstützungserklärungen gesammelt wurden, man mit dem Einreichen aber noch wartet. Im Herbst soll dann ein Rauchverbot begehrt werden. Ein Erfolg wären für Doppelhofer 500.000 Stimmen. Alles weitere lest ihr im Gespräch.

„Da versagt das Gesetz einfach“

zurPolitik.com: Warum engagierst du dich persönlich für ein öffentliches Rauchverbot?

Franz Doppelhofer: Es gibt mehrere Gründe. Der Wesentliche ist, dass Passivrauch ungesund ist und es stinkt . Besonders wenn man mit Familien, Kindern und Freunden weggeht. Das ist nicht mehr zeitgemäß, vor allem wenn man über die Grenze blickt. Es geht aber auch um die politische Komponente als mündiger, europäischer Bürger fühle ich mich verpflichtet bei Themen, die mich persönlich betreffen, aktiv zu werden. Man kauft bei Wahlen eine Partei in Bausch und Bogen. Sachthemen bleiben dabei vielfach auf der Strecke. Es gäbe eine Reihe von Themen die durch direkte Bürgerbeteiligung besser gelöst werden könnten. Deshalb engagiere ich mich durchaus mit politischem Interesse. Und es ist drittens auch noch sehr spannend, Social Media realpolitisch zu verwenden.

zurPolitik.com: Gegner des Rauchverbots würden einwenden, dass mit der Raumtrennung eh Platz für jeden ist. Warum ist dir das aktuelle Gesetz nicht genug?

Doppelhofer: Mir persönlich geht es zum Beispiel um öffentliche Veranstaltungen. Zum Beispiel Konzerte. Wenn ich heute zu einem Konzert gehe, findet das nicht einmal für Raucher und einmal für Nichtraucher statt. Wir sind jetzt wieder in der Ball-Saison, da gilt dasselbe. In der Hofburg oder in einem Rathaus, da gibt es keine räumliche Trennung. Da wird ein Rauchbereich definiert, an den halten sich die Raucher aber nicht. Ich habe das vergangenes Jahr selbst erlebt und bin gespannt, wie das heuer ist. Vielerorts funktioniert es einfach nicht. Es wird von ignoranten Rauchern und Wirten selbst ignoriert. Ich wurde auf prominente Beispiele aufmerksam gemacht, wo Lokale anscheinend über dem Gesetz stehen. Da ist nichts passiert, da versagt das Gesetz einfach. Auch dort wo es Abtrennungen gibt, stehen vielfach die Türen offen.

Es gibt keine Kontrollorgane. Das Gesetz selbst hat ja einen Kompetenzkonflikt eingebaut: der Gesundheitsschweigeminister Stöger darf nicht kontrollieren, die Bezirksverwaltungsbehörden oder Magistrate haben keinen klaren Auftrag dazu. Unter anderem ist es deshalb ein schlechtes Gesetz. Die Gesetzesübertretungen müssen von couragierten Bürgern erfolgen. Die Initiative Rauchsheriff macht das zum Beispiel organisiert. Und wer es einmal gemacht hat, weiss wie kompliziert das ist; vor allem am Land: es gilt einmal den richtigen Ansprechpartner zu finden. Da wirst du mit deiner Anzeige zu Hinz und Kunz verwiesen.

Und – wie wir es auch in unserem Imagevideo darstellen – Freundeskreise und Familie lassen sich auch nicht trennen.

zurPolitik.com: Was sagen deine Raucherfreunde denn zu deinem Engagement?

Doppelhofer: Ich habe rauchende Freunde, aber wir treffen uns eigentlich immer in Nichtraucherlokalen. Die sagen: „Sehr gut, dass wir dort hingehen, weil dann rauch ich weniger.“

zurPolitik.com: Wirklich alle? Gibt es keine Konflikte?

Doppelhofer: So viele Freunde die rauchen, habe ich in Wirklichkeit nicht. Aber die, die ich kenne haben dann auch kein Problem raus zu gehen. Das sind die sogenannten „respektvollen Raucher“, von denen es ja auch sehr viele gibt.

Im Bekanntenkreis stelle ich mich der Diskussion wenn es zu diesem Thema kommt. Es ist erstaunlich mit welchen Argumenten die Sucht verteitigt wird. Vielfach kommt das Argument der persönlichen Freiheit: nur die hört dort auf wo es die Gesundheit oder die Freiheit eines anderen berührt, wie es beim Passivrauchen halt der Fall ist. Und auch das Argument, dann sollte man das Trinken verbieten: es gibt kein Passivtrinken. Und als nicht vom Suchtgift Nikotin abhängiger Mensch ist es meine persönliche Freiheit in jedes Lokal und an jeden Veranstaltungsort gehen zu können ohne vom giftigen und stinkenen Rauch belästigt zu werden.

Es funktioniert ja auch anderswo in Europa. Spanien war ja das „Paradebeispiel“ für unser Gesetz – die haben seit 1. Jänner eines der schärfsten Gesetze. Früher oder später wird das generelle Rauchverbot sowieso kommen: wir arbeiten dafür, dass es früher kommt.

„Viele sagen: ‚Ihr habt ja eh genug'“

zurPolitik.com: Ich bin Befürworter eines Rauchverbots, aber wenn ich mir die Facebook-Seite ansehe, erscheinen mir viele Leute zu radikal und unversönlich. Ist diese Emotionalität mit scheinbar wenigen Moderaten auf beiden Seiten ein Problem für die Initiative?

Doppelhofer: In gewisser Weise. Wir haben natürlich einerseits die Absicht ein Volksbegehren durchzuführen. Die Initiative soll aber auch dazu dienen, den Diskurs in Öffentlichkeit und Medien am Leben zu halten und das Bewusstsein zu stärken. Ich habe etliche, hunderte Mails gelesen, die gesagt haben „Ich habe es bis jetzt geduldet“. Wir wollen da auch auf die Notwendigkeit täglicher Zivilcourage hinweisen. Das ist ebenfalls wichtig. Wenn deswegen der ein oder andere zum Rauchen aus dem Lokal geht oder sich denkt „Na, die rauche ich jetzt aber nicht!“, dann haben wir etwas dazu beigetragen, die Situation zu verbessern. Mir persönlich ist es auch manchmal zu radikal.

zurPolitik.com: Wie viele Leute helfen im Moment aktiv am Volksbegehren mit?

Doppelhofer: Das Gründungsteam der Initiative waren so sieben Leute. Ein paar haben aus beruflichen Gründen aufgehört, ein paar sind dazu gekommen. Wir sind also etwa auf demselben Stand.

zurPolitik.com: Wie viele Unterstützungsunterzeichnungen wurden bis jetzt eingereicht?

Doppelhofer: Rund 9.000.

zurPolitik.com: Man findet diese Zahlen ja relativ schwierig. Haltet ihr die bewusst etwas zurück?

Doppelhofer: Nein. Jeder der etwas zum Volksbegehren wissen will, kann eine Mail an uns schicken und wird diese auch beantwortet bekommen.

Tatsache ist, dass nach dem Ende der Übergangszeit des neuen Gesetzes das Interesse etwas abgeflaut ist – auch der Zulauf der Unterstützungserklärungen. Da hat sich etwas getan, aber es ist erschreckend, dass viele – auch renomierte Medien – dieses Inkrafttreten des Gesetzes mit der Initiative verwechseln.

Das hat auch damit zu tun, dass mit dem 9.000 Stimmen viele sagen: „Ihr habt ja eh genug“. Aber wir wollen eigentlich 100.000. Deshalb sammeln wir weiter Unterstützungserklärungen. [Anm.: Jede Unterstützungserklärung gilt später automatisch als Unterschrift zum Volksbegehren].

zurPolitik.com: Die bisherigen Volksbegehren in Österreich sind mit zwischen 8.000 und 760.000 Unterstützern gestartet. Das sagt erfahrungsgemäß nicht viel darüber aus, wie viele später noch in der Volksbegehrenswoche unterschreiben. Wann plant ihr denn, das Begehren auch wirklich durchzuführen?

Doppelhofer: Das hängt von der Unterstützung von unabhängigen Organisationen, Medien und Geldgebern ab. Da wird es jetzt im Jänner wieder Gespräche geben. Voraussichtlich wird es nicht mehr im Frühjahr sein. Ein Volksbegehren hat eine gewisse Vorlaufzeit. Würden wir im Frühjahr einreichen, hätte die Regierung Gelegenheit, die Eintragungswoche in den Sommer zu legen.

„Alles über 500.000 wäre ein Erfolg“

zurPolitik.com: Also kommt es im Herbst?

Doppelhofer: Ja, vorausgesetzt es gibt breitere Unterstützung.

zurPolitik.com: Ihr sammelt ja auch Spenden. Wie viel Geld steht denn der Initiative schon zur Verfügung?

Doppelhofer: Es ist ein Betrag im vierstelligen Bereich.

zurPolitik.com: Und wie viel wird eigentlich gebraucht?

Doppelhofer: Wenn man sich die Kampagne zum bayrischen Volksbegehren ansieht, dann wurde da wesentlich mehr Lobby gemacht. Für eine sinnvolle Kampagne braucht man wahrscheinlich nicht viel Geld, aber viel mediale, logistische und organisatorische Unterstützung.

zurPolitik.com: In der Vergangenheit wurden mehrere Volksbegehren oft gleichzeitig durchgeführt, um mehr Menschen zum Amt zu bewegen. Gibt es Kontakte mit Leuten die andere Begehren forcieren?

Doppelhofer: Ja, es gibt Gespräche diesbezüglich, jedoch ist noch nichts spruchreif.

zurPolitik.com: Ihr wollt ja unabhängig sein, aber gibt es Parteien die euch unterstützen oder unterstützen wollen?

Doppelhofer: Es ist ein parteiunabhängiges Volksbegehren, jedoch ist ein Volksbegehren politisch, da es im Nationalrat behandelt wird. Deshalb ist die Unterstützung durch Parteien nicht unwesentlich. Aber die Standpunkte kennen wir ja. Die Koalition ist nicht gewillt, etwas zu tun. Der Standpunkt der Grünen ist derzeit unklar. Im Herbst haben sie noch eine verbindliche Volksabstimmung gefordert, aber durch die Wahlen wurde es durchaus verständlich ruhiger. Auch die Freiheitlichen haben eine Volksbefragung gefordert, aber auch da ist es sehr ruhig geworden.

zurPolitik.com: Nehmen wir an, es kommt zum Volksbegehren im Herbst. Was wäre ein Erfolg, was ein Handlungsauftrag zu einem Rauchverbot für die Regierung?

Doppelhofer: Vermutlich eine möglichst breite Unterstützung in der Bevölkerung. Je mehr desto besser. Als Erfolg werten würde ich – mit den gegebenen Ressourcen – alles was mehr als 500.000 Unterschriften sind.

zurPolitik.com: Danke für das Interview!

Wissenswert:

  • Ein Volksbegehren braucht 8.032 Unterstützer um eine Eintragungswoche zu erreichen. Bei dann erreichten 100.000 Unterschriften muss der Nationalrat sich mit dem Anliegen beschäftigen. Weiters hat es keinen verbindlichen Charakter.
  • Das Rauchverbot-Volksbegehren ist voraussichtlich das 33. in Österreich, das zehnte in diesem Jahrtausend
  • Das Stärkstunterstützte trug den sexy Titel „Konferenzzentrum-Einsparungsgesetz“ und wurde 1982 von 1,36 Millionen Menschen unterzeichnet
  • Lediglich ein eingeleitetes Volksbegehren scheiterte an der 100.000er-Hürde: Nur 75.000 Menschen unterschrieben 1995 „Pro-Motorrad“
  • In den meisten Ländern Europas wurden in den letzten Jahren strenge öffentliche Rauchverbote eingeführt. Unter anderem in Großbritannien, Frankreich, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Schweden, Spanien und in zahlreichen deutschen Bundesländern.
  • Laut einer WHO-Studie von 2009 sterben jährlich etwa 600.000 Menschen an den Folgen des Passivrauchens
  • Wer über einen Zeitraum von 20 Jahren täglich eine Schachtel (=20 Zigaretten) raucht, nimmt mit seiner Lunge insgesamt 6 kg Rauchstaub auf und jährlich eine Tasse Teer („Kondensat“). Die Lebenserwartung sinkt – statistisch gesehen – um sechs Jahre (bzw. ≈22 Minuten pro Zigarette) (Quelle: Wikipedia)
  • Fotocredits:
    Titelbild: die_gabelCC 2.0-BY-NC-SA
    1. Bild: twicepixCC 2.0-BY-SA
    2. Bild: ISO 1987CC 2.0-BY
    3. Bild: jot.punktCC 2.0-BY

    Interessant oder? Teile das doch mit deinen Freunden!