Ich mag keinen Käse – was zu Zeiten von „Analogkäse“ und Co. sicher kein Nachteil ist. Aber nicht nur Lebensmittelimitate sind auf dem Vormarsch. Zur Verwirrung der VerbraucherInnen tragen zunehmend auch ausgeklügelte Verpackungs-Tricks bei. Auch bekannt als „Mogelpackungen“.
Tolles Beispiel: Der Kinderfruchtdrink „Capri Sonne“ – der Drink mit den „gesunden Früchten“ hat einen gigantomanischen Fruchtgehalt von 12%, enthält 6,5 Stück Würfelzucker pro Packung, dazu auch keine Nährwertangabe. Egal, immerhin sind die Früchte aus „kontrolliert-integriertem Anbau“. Klingt wunderbar nach „kontrolliert-biologischem Anbau“, hat damit aber nicht viel zu tun.
Ein trauriger Einzelfall? Ganz im Gegenteil. Inzwischen ist das gängige Praxis. Warum sollten Fitness Fruits auch wirklich Früchte und mehrheitlich hochwertige Nährstoffe enthalten? Oder ein Schoko-Pudding mehr als 2 Prozent Schokolade beinhalten (übrigens aus „echter Herkunftsschokolade“!)?
Super ist auch der Zusatz von „naturidentischen Aromastoffe“, wo ein künstliches Gemisch aus Sägespänen plötzlich zu Erdbeeraroma mutiert. Oder das Bi-ghurt (siehe Abbildung), das wohl gern ein Bio-Joghurt wäre.
Die Verpackung eines Produkts beeinflusst die Kaufentscheidung maßgeblich. Der Sinn von Verpackungen ist es, gezielt Realitäten zu schaffen, Wertigkeiten zu kommunizieren. Am besten man verkauft nicht nur ein Produkt, sondern ein wahres Kauferlebnis. So oder so: Die äußere Form hat nicht unwesentlichen Einfluss auf den Erfolg eines Produkts. Da gibt’s viel zu gewinnen.
Es gibt aber auch viel zu verlieren: Eine Verpackung weckt Erwartungen. Können diese nicht eingehalten werden, fällt die Kaufentscheidung das nächste Mal womöglich anders aus. Und: Konsumenten können sehr nachtragend sein. Ehrlichkeit und Transparenz sind ein gerne unterschätzter Erfolgs-Faktor. Bloß: Die „Tüte mit aromatisiertem Zuckerwasser mit einem Mini-Anteil Fruchtsaft“ verkauft sich dann leider doch noch nicht so gut wie der „Drink mit den gesunden Früchten aus kontrolliert-integriertem Anbau“.
Trick-Nährboden durch EU-Regelung
Spannend wird auch sein, wie Verpackungs-Designer die Abschaffung der Normgrößen durch die EU aus dem vergangenen Jahr in naher Zukunft noch (aus)nutzen werden. Gravierende, offensichtliche Veränderungen sind unwahrscheinlich – das könnte dem Konsumenten dann doch zu blöd werden. Die Veränderungen werden dagegen eher subtiler Art sein.
Philadelphia hob Mitte des vergangenen Jahres den Preis eines Frischkäseproduktes geschickt an. Man verringerte den Inhalt unauffällig von 200g auf 175g. Immerhin eine Preiserhöhung von 14,3%. Die Einen werden sich über die tolle neue Verpackung freuen (neuerdings rund statt eckig) – wer den Trick entlarvt, wird sich aber gewaltig ärgern. Und das nachhaltig.
Das PR-Disaster lässt sich kaum noch toppen. Es sei denn, man strapaziert die Standard-Ausrede a la “Wir empfehlen, sich bei Kauf von Lebensmitteln für einen Preisvergleich stets an den ausgeschriebenen 100-Gramm-Preisen am Regal zu orientieren.” Blöd nur für uns KonsumentInnen, wenn die Supermärkte die alten Preis-Etiketten mit dem ursprünglichen 100-Gramm-Preis am Regal belassen – mit der Begründung, dass sich am Preis so und so nichts geändert hätte.
Wie auch immer: Es wäre an der Zeit, seine Macht als KonsumentIn zu entdecken. Und auch zu nutzen.
Cover Foto: aboutbettertimes, CC2.0-BY