Es hat mich also erwischt. Ich liege jetzt den dritten Tag in einem Krankenhaus, und weiß noch nicht so ganz warum. Nein, ich bin nicht mit einem anderen Verkehrsteilnehmer kollidiert oder über etwas gefallen. So eine Vermutung hätte natürlich ihre Berechtigung ob meiner weithin bekannten Tollpatschigkeit. Für die sind übrigens meine Augen verantwortlich. Schuldig an meiner aktuellen Misere ist jedoch die Schilddrüse, das Miststück.
Es begann vor zwei Wochen. Nach einer mittelmässig durchzechten Nacht meldete sich mein Unterleib zu Wort und protestierte heftig gegen die weitere Verabreichung eiskalten Biers. Derlei Rebellionen sind normalerweise temporär und am nächsten Morgen ist die Allianz aus Magen und Darm wieder kleinlaut und gefügsam. Nicht so diesesmal.
Graue Eminenz mit teuflischem Plan
Fürwahr selten ereignet es sich, dass ich beim Aufwachen das Gefühl habe, gerade was gegessen zu haben. Ich war noch nie Schlafwandeln und zweifle am Mythos der sogenannten Schlafesser. Kein Zweifel bestand allerdings darüber, dass mein Magen leer war, sich aber voll anfühlte. Ein Verdauungsparadoxon. Welches ich in der Annahme seines baldigen Verschwindens geflissentlich ignorierte. Das funktionierte drei Tage lang.
Die Schilddrüse, als Mastermind des fiesen Planes, hielt sich im Verborgenen. Während ich mich gegen Ende der Woche fühlte wie ein Schwamm, den jemand langsam und genüsslich auswringt. Das bestätigte auch meine Waage. Und mein Gesicht nahm zielstrebig eine metapherngerechte Farbe an. Dieser Zustand erwies sich schließlich als untragbar. Nachdem diverse Hausärzte erfolglos auf Ursachensuche gegangen waren, begab ich mich schließlich in die Aufnahme eines Krankenhauses.
Ich hasse Spritzen, genauer gesagt deren Nadeln. Die Idee, dass ein langer, spitzer Gegenstand in mich hineingebohrt wird, hat mir noch nie gefallen. Doch in diesem Falle musste ich der Anwendung dieses Folterinstruments dankbar sein. Während mein Abdomen die Hürden Ultraschall und Röntgen problemlos nahm, enttarnte der Bluttest den wahren Übeltäter. Die Schilddrüse war Amok gelaufen. Herauszufinden gilt es nun, warum.
Hormonfabrik
Amoklaufende Schilddrüsen sind ein Familienproblem. Und so ist meine nicht die erste, die der Hirnanhangdrüse (die ihr eigentlich sagen sollte, wo es langgeht) ein dezentes „Fuck You“ entgegenschrie und fortan tat, was sie wollte. Produzieren, produzieren, produzieren. Hormonausschüttung im 24-Stunden-Betrieb. Machen sonst nur philippinische Sweatshops – nicht mit Hormonen, versteht sich*. Man könnte sagen, meine Schilddrüse wäre in einen kapitalistischen Wahn verfallen.
Das war nicht gut. Aber das hat kapitalistischer Wahn nun so ansich.
Nach Jahren bester Gesundheit lag ich da nun. Als Kranker unter Kranken in einem Fünfbettzimmer.
* Ich möchte ausdrücklich erwähnen, dass das NICHT als Verharmlosung derartiger Betriebe und Arbeitsbedignungen gemeint ist, sondern als Kritik an selbigen zu sehen ist.
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