Im letzten Jahr schrieb ich darüber, dass die „Eisenstädter Kirchenzeitung“ den „Falter“ überflügelt hatte. Dabei ging es natürlich nicht um die journalistische Qualität oder gar die Wichtigkeit des Mediums sondern um den Anteil am Bereich der Vertriebsförderung für Wochenzeitungen im Rahmen der Bundespresseförderung. Nun überrascht es wohl nicht besonders, dass die Eisenstädter Kirchzeitung … wie soll man es ausdrücken?
Eisenstädter Kirchenzeitung vor Falter
Gut, ja! Sie hat es wieder geschafft. Auch 2010 reihte sich das Kirchenblatt vor dem „Falter“ ein. Um 1.635,40 Euro hatten die frommen Schreiberlinge die Nase gegenüber den Bobos vom Wiener Qualitätsblatt vorne. Jedoch kein Grund zur Trauer für Armin Thurnher: Sein Medium zog zwar den Kürzeren, der Vorsprung der „Eisenstädter Kirchzeitung“ schmolz jedoch im Vergleich zum Vorjahr.
Beträge beinahe gleich geblieben
Die Beträge der Presseförderung blieben im Vergleich zu 2009 annähernd gleich. Insgesamt wurden rund 12.840.000 Euro ausgeschüttet. Auf die Vertriebsförderung für Wochenzeitungen entfielen davon 2.081.500 Euro – derselbe Betrag wie 2009. Demnach konnte der „Falter“ innerhalb des gleichbleibenden Topfes sogar ein paar Krümel mehr vom Kuchen ergattern.
Da die Beträge ähnlich blieben, wäre es langweilig, noch einmal alle Eigenartigkeiten (wie etwa die auffallend hohe Anzahl der Förderung politisch nicht ganz unabhängiger Printprodukte) aufzuzeigen. Deshalb richte ich den Blick auf den – wie mir scheint – kuriosesten Empfänger der Vertriebsförderung, der auch beim letzten Mal schon gestreift wurde. Ja, die Rede ist von der „Raiffeisenzeitung„.
Geprüft gefördert
Wie der Name schon erahnen lässt, ist dies eine Zeitung des Raiffeisenverbandes. Raiffeisen ist in Österreich nicht irgendein Unternehmen, sondern eines der machtvollsten Konstrukte des Landes, welches von „Die Zeit“ auch schon mal gerne als „Grüner Riese“ bezeichnet wird. Da wundert es nicht, wenn es auch eine eigene „Raiffeisenzeitung“ gibt.
Auch kleinere Unternehmen publizieren Zeitungs- oder Magazinähnliche Formate. Nur kassieren die in der Regel keine Vertriebsförderung für Wochenzeitungen im Rahmen der Presseförderung. Im Gegensatz zur „Raiffeisenzeitung“, die 2010 auf Basis des Presseförderungsgesetz 2004 immerhin knapp über 80.000 Euro kassierte. Geprüft von der KommAustria und im Rahmen des Gesetzes positiv erledigt.
Da ich die „Raiffeisenzeitung“ noch nie gesehen habe, machte ich mich auf der Homepage schlau. Sie stellt sich selbst folgendermaßen dar:
Die Raiffeisenzeitung ist die Wochenzeitung des Österreichischen Raiffeisenverbandes mit einer Auflage von rund 45.000. Verbreitungsgebiet der Raiffeisenzeitung ist ganz Österreich. Die Raiffeisenzeitung ist erhältlich im Abonnement, in Raiffeisenbanken und Raiffeisen-Lagerhäusern sowie im guten Zeitschriftenfachhandel.
Dem Zeitschriftenhändler sei Dank!
Nun wusste ich, warum ich diese Zeitung noch nie zu Gesicht bekommen habe. Es ist ganz einfach: Ich halte nichts von Abonnements, gehe nicht in Raiffeisenbanken, auch nicht in Raiffeisen-Lagerhäuser und zum guten Zeitschriftenhändler schon gar nicht. Wäre letzterer jedoch nicht aufgezählt worden, so hätte ich beinahe gedacht, es würde sich bei der „Raiffeisenzeitung“ um eine Kundenzeitung, also ein Marketing- oder Vertriebsprodukt handeln.
Ein Blick in die Raiffeisenzeitung
Ich gebe zu, ich bekam Gusto auf die „Raiffeisenzeitung“. Da ich sie mir aus oben erwähnten Gründen nicht physisch holen wollte, war ich froh darüber, dass ein paar Artikel auch Online zur Verfügung gestellt wurden. So konnte ich etwa lesen, dass Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich sich „stark für´s Land“ macht und der Arbeiterkammer grollt, der neue Service „Raiffeisen Online Leasing“ jetzt auch für Raiffeisen-ELBA-Kunden zur Verfügung steht oder das Wiener Museumsquartier und Raiffeisen Partner geworden sind. Ich fühlte mich, rein hinsichtlich einer Pressepluralität und eines Informationsmehrwerts für Österreich, durch die „Raiffeisenzeitung“ bereichert.
Es ist schön!
Schön, dass es ein Presseförderungsgesetz gibt, welches wirklich, wirklich nur sinnvoll fördert. Schön, dass der „Falter“ weniger Mittel lukriert als die „Eisenstädter Kirchenzeitung“. Schön, dass auch die „Raiffeisenzeitung“ auf Basis des Presseförderungsgesetz 2004 gefördert wird und damit eine wichtige journalistische Rolle ausfüllt. Vor lauter Schönheit könnte einem fast schlecht werden.
Fotocredits: Cliph, CC2.0-BY-NC-SA