saßen im Parlament, alle von ihnen mussten gehen, weil geschmiert, gekauft oder insolent.

Zugegeben, dieser Reim ist nicht besonders kreativ, trotz allem beschreibt er gut, was sich in den vergangenen Jahren und Monaten an Volksvertretern in den hohen Häusern angesammelt hat. Mehr noch er gipfelt in einer Hoffnung, die ich über die jüngste Welle von erzwungen Rücktritten, noch nicht aufgegeben habe, nämlich dass die Dreistigkeit, Engstirnigkeit und Visionslosigkeit mit der in unserem Land, über die Grenzen hinaus, Politik gemacht wird, früher oder später in einem krisenhaften Reinigungsprozess mündet.

 

Jede Krise ist eine Chance

Auch wenn das oben strapazierte Sprichwort schon mehr als abgedroschen ist, so kann man nicht leugnen, dass auch ein Funken Wahrheit darin steckt. Umso mehr, als ich – auch wenn es anmaßend scheint – jetzt erst recht hoffe, dass die jüngsten Ausfälle sich so lange weiterpflanzen und aufschaukeln, bis wirklich auch der letzte jener Garde von Politikern, die dieses Land seit Jahren in den Ruin treibt, aus der politischen Arena vertrieben wurde.

Wer jetzt meint, das wäre harsch, der muss sich nur die vielen Kommentare, Leitartikel, Glossen oder Satiren in den jeweiligen Qualitätsblättern durchlesen, die meisten Menschen, inklusive meiner Person, haben die Schnauze mehr als voll von dem, was uns tagtäglich als „gestaltende Kraft des Landes“ verkauft wird.

Der Tag des nassen Fetzens

Exemplarisch darf ich diesbezüglich auf den brillanten Aufsatz von Kurt Palm verweisen, der zurecht den „Tag des nassen Fetzens“ fordert. Doch selbst wenn man sich über die köstlichen Formlierungen des Autors amüsiert, so muss man nicht zwischen den Zeilen lesen, um gleichzeitig auch eine tiefe Verzweiflung über das, was aus der politischen Kaste in diesem Land geworden ist, herauszulesen.

Verzweiflung und vor allem Resignation, denn so wie Kurt Palm geht es vermutlich den meisten, die keinen Sinn mehr darin sehen wählen zu gehen, die bloß noch entgeistert lächelnd den Kopf schütteln, wenn einem Ernst Strasser ein Mann nachfolgt, der ausgerechnet als Lobbyist ausgewiesen ist.

Rechtsabbiegepflicht?

Aus diesem Grunde stützt sich meine Hoffnung auch darauf, dass jetzt nicht gleich wieder Schluss ist mit den Rücktritten, sondern, dass hier erst der Anfang eines langen und hoffentlich heilsamen Prozesses liegt.

Wie gesagt, die Krise birgt die Chance und hier wurzelt auch meine Zuversicht in Bezug auf die österreichische Politik. Denn selbst wenn die Chancen hierfür wohl minimal sind, schließlich weiß man hierzulande nur zu gut, dass sich Proteststimmen gerne auf die ganz rechte Seite schlagen, bin ich trotz allem geneigt, die wenigen intelligenten, visionären Politiker und Politikerinnen noch nicht abzuschreiben.

Ich bin nämlich überzeugt, dass es eine Handvoll davon noch gibt, und vielleicht auch einige, die diese innere Korrosion der Parteien bloß geduldig abwarten, solange bis sie sich nicht mehr durch Kadavergehorsam und Kopfnicken hochdienen müssen, sondern aufgrund einer Vielzahl leerer Plätze endlich freie Bahn für zukunftsträchtige, intelligente Politik sehen.

Die ÖVP geht voran

Dass es jetzt die ÖVP erwischt, ist zwar nicht verwunderlich, schließlich fand dort das Non-Plus-Ultra an „Hände falten, Goschen halten“ seine Heimat und unterdrückte jedes politische Talent gleichermaßen wie es Klientel- und Interessenspolitik förderte, der Kollaps war wohl bloß eine Frage der Zeit, abhängig vom Grad der Präpotenz im Umgang mit den verliehenen Machtpositionen. Offenbar ist diesbezüglich das Maß mittlerweile voll, die Stimmen, die eine Neupositionierung fordern mehren sich, mögen sie bald einen ganzen Chor bilden.

Und während sich die ÖVP zerlegt und außer peinlichen Videos keinen Inhalt bietet, möchte ich, mit Verlaub, auch der SPÖ ausrichten, dass sie sich in diesem realpolitischen Fiasko, das sich hier vor aller Augen abspielt, lieber nicht gemütlich zurücklehnen sollte.

Schließlich herrscht in der roten Zentrale ein nicht viel anderes Bild als in der schwarzen, obgleich dort keine stramme Führung die Basis unter ihrer Knute hält, sondern überhaupt nur noch Orientierungslosigkeit und auswendig gelernter PR-Sprech Parteiinhalt sind.

Die Furcht vor den Protestwählern

Wenn jetzt also die Befürchtung die Runde macht, dass ein H.C. Strache die restlichen Stimmen bei der nächsten Nationalratswahl aufsammelt, dann möchte ich dagegenhalten, dass die Flucht nach Rechts nicht der letzte Ausweg bleiben muss. Und weiters, dass der politische Infarkt, der das Land lahm legt, nicht notwendigerweise im Herzstillstand münden muss.

Alles was es braucht ist ein – bleiben wir doch beim kardiologischen Fachjargon – Defibrillator für diejenigen Politiker und Politikerinnen, die über Ethik und Moral verfügen, die beim Wahlkampf nicht auf Rassismus und Hetzerei, sondern auf klar formulierte, umsetzbare Realpolitik setzen, die sich zum Beispiel unserem mittlerweile aus dem letzten Loch pfeifenden Bildungssystem widmen, die ohne Rücksicht auf Eigeninteressen Schluss machen mit der Doppelgleisigkeit in der Verwaltung, die die demokratischen Institutionen des Landes soweit umkrempeln und reformieren, dass sie nicht mehr bloße Sesselkleberaufbewahrungsstätten sind.

Es gäbe ja einige Möglichkeiten hierzulande sinnvolle Politik zu machen. In diesem Sinne – mögen sich die Reihen unter jenen, die bis dato bloß in die eigene Tasche gewirtschaftet haben, so weit lichten, dass intelligente, vorausschauende, kompetente Sachpolitiker und -politikerinnen, endlich zum Zug kommen.

 

Susanne, 30. März 2011

 

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