Vielleicht ist nur ein Eindruck von außen, geboren aus einer chronisch Amerika-skeptischen medialen Umgebung. Aber die Nominierung von Mitt Romney für die US-Präsidentschaftswahl durch die Republikaner hatte immer diesen verrückten Beigeschmack. Ein Superreicher, der oft gerade zu unfähig wirkt, seine Abgehobenheit und Inkompetenz zu verstecken? Natürlich ist das Bild überspitzt, aber der soll unter all den Millionen RepublikanerInnen das Beste sein, das die Partei zu bieten hat? Mit dem wollen sie an Barack Obama kratzen? Was, wenn das immer nur die Draufgabe gewesen wäre?
Romneys jüngster Ausrutscher wird ihm nicht weiter geholfen haben. Er sagte im Prinzip, 47% der AmerikanerInnen seien sozialstaatsabhängie, selbsternannte Opfer, die niemals Republikaner wählen würden und deshalb nicht zu seinem Job gehörten. (Es stimmt übrigens, dass ärmere Menschen eher Demokraten wählen, aber nicht in diesem Ausmaß). Dass sich einige der reaktionärsten ParteikollegInnen davon inspiriert und bestätigt fühlen, macht die Schadensbegrenzung noch schwieriger.
Nimm, was du kriegen kannst
Aber Meinungen, auch sehr dumme, sind schnell vergessen und am Wahltag wählen die meisten Menschen zumindest das kleinere Übel. Für die konservativ-rechten Teile des Volkes wird das auch diesmal der Mann der Grand Old Party sein: Romney. In Umfragen ist er zwar zurück, aber noch nicht entscheidend. Falls sich das allerdings ändert, wird so manch ParteifreundIn möglicherweise nur Krokodilstränen vergießen – wegen des Geldes. Romney hat für seinen Wahlkampf massenhaft Spenden gesammelt, die allerdings fast zur Hälfte von der Republikanischen Partei verwaltet werden. Da im November nicht nur ein neuer Präsident, sondern teilweise auch ein neuer Kongress gewählt wird, könnten die Parteigranden sich dazu entschließen, das Geld in dortige Wahlkämpfe umzuleiten.
Sie streben vor allem um die Eroberung des knapp von den Demokraten dominierten Senats. Aktuell sehen die Chancen dazu nicht gut aus, eine kleine Geldspritze würde so manchen Kampf um einen Sitz aber möglicherweise wieder spannender machen. Mit der Kontrolle über beide Häuser könnten die Republikaner auch Obamas zweiter Amtszeit viele Reformen verhindern. Er wäre vom ersten Tag an eine „Lame Duck“, wie George Bush Jr. in seinen letzten beiden Jahren. „Nobody in the media wants to say it—because we have too much fun calling the play-by-play—but the presidential race is over“, sagt Elliot Spitzer, ein demokratischer Ex-Governeur der nun als Pundit durch die Medien zieht. Für ihn ist der wichtige Wahlkampf, um in der nächsten Amtsperiode regieree zu können, schon nicht mehr der um das Weiße Haus, sondern der um die Senatsitze und eine Filibuster-Reform (die die Demokraten diesmal mit einer Mehrheit wohl durchdrücken wollen).
Der offensichtlich geschickte und gut vernetzte Fundraiser Romney könnte den Republikanern vielleicht mehr nutzen, wenn er sich intern bei der Wahl vorzeitig geschlagen gibt. In dieser Funktion ergibt seine Nominierung irgendwie auch mehr Sinn, als als ernsthafter Herausforderer von Amtsinhaber Obama. Denn wenn der nun eine schwache zweite Amtszeit hat, stellt sich die Frage, ob die Demokraten in vier Jahren wieder ein solches Zugpferd finden, gleich noch deutlich lauter.
Fotocredits: Terence Burlij/PBS NewsHour – CC2.0 BY-NC