Werner Faymann wurde am Montag in der ZiB2 von Armin Wolf gefragt, ob er sagen würde: „Der Islam gehört zu Österreich“. Faymann tat es nicht. Das fand ich zuerst seltsam, dann aber interessant. Was hielt den Regierungschef von diesem Satz ab?
Zuerst einmal muss man über die Frage nachdenken. Sie ist für sich genommen recht unnötig. Natürlich gehören Muslime zu Österreich, natürlich ist der Islam seit über 100 Jahren in diesem Land anerkannt. Das sind Dinge, die allenfalls Rechtsradikale in Abrede stellen oder bekämpfen wollen würden. Die Frage erwartet sich also kaum eine substantiell relevante Antwort. Sie zielt auf pure Symbolik ab, auf ein Statement gegen die zweifellos wachsenden anti-islamischen Tendenzen in weiten Teilen der Gesellschaft.
Faymann hätte den einfachen Weg aus dieser Situation nehmen können, besonders weil sich von ihm ohnehin so ziemlich niemand noch intellektuelle Führungsqualitäten erwartet: „Ja, der Islam ist und bleibt eine in Österreich anerkannte Religion“. Das wäre eine unantastbare, saubere Antwort gewesen an der sich niemand hätte stören können. Vielleicht wäre es die richtigste Antwort gewesen.
Aber es war nicht die einzig legitime Antwort und während er im gesamten sonstigen Interview genau solcherlei unangreifbaren, glatten Antworten gab, kam hier eine Kante zum Vorschein. Faymann sagte stattdessen:
„Jeder kann Aussprüche tätigen, wo er etwas mitschwingen lassen kann. Ich möchte mitschwingen lassen, dass man sich aussuchen kann, welche Religion von den anerkannten Religionsgemeinschaften man hat. Man kann sich auch aussuchen, überhaupt keiner Religion anzugehören. Mir ist es wichtig, dass der Respekt sich in der Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften dem Staat gegenüber ausdrückt, dass aber die Rechtsstaatlichkeit und die Wertehaltung einer Demokratie völlig außer Frage steht.“
Diese Wortwahl kann kein Zufall sein, weil Faymann sich so bewusst gegen eine andere Formulierung entscheidet. Deren Ursprung ist wohlgemerkt die CDU (Christain Wulff und Angela Merkel hatten es über Deutschland gesagt), und damit anders als die Sozialdemokratie eine Partei mit klar religiösem Bezug. Faymann entscheidet sich für eine Alternative, in der er sich zwar nicht ausdrücklich dem Islam (oder einer anderen Religionsgemeinschaft) widmet, ihn aber durchaus indirekt anerkennt mit dem eindeutigen Bezug auf die Freiheit der anerkannten Religionsgemeinschaften und den Respekt davor (in anderen Antworten bezeichnet er den interreligiösen Dialog auch noch als „positiv“ und „konstruktiv“).
Faymann betont den säkularen Staat, sein Primat über den demokratischen Rechtsstaat und sogar explizit das Recht auf Religionslosigkeit. Das ist an sich pure Laizität. Während sich religiöse Politiker auch in der ÖVP immer noch Gottesbezüge in Verfassungen wünschen, ist das ist eine Symbolik, die uns von einem Sozialdemokraten nicht überraschen sollte, auch nicht von Werner Faymann.