Politik begleitet mich mehr als mein halbes Leben. Meist in der Form eines Plagegeistes, von dem man sich allein deswegen nicht abwendet, weil man zu jenen gehört, die die Hoffnung, dass sich in unserer sogenannten zivilisierten Gesellschaft doch noch etwas zum Besseren wendet, noch nicht aufgegeben haben. Meistens zumindest. Deshalb schreibe ich auch hier auf zurPolitik.com zu diesem Thema.
Und das ist mir sehr recht, denn es wird damit sozusagen zu einem ausgelagerten Bereich, einem mit dem ich mich dadurch intensiver beschäftigen kann, ohne mich ständig zu ärgern. Der Ausgleich findet sich auf meinem eigenen Blog, wer sich darüber informieren will, findet alle nötigen Details auf der Seite „Über uns“.
Somit also in medias res. Politik. Wie gesagt, eigentlich ein Ärgernis, weil man ja ständig über Skandale liest. Besonders in letzter Zeit, wie es scheint. Die Betonung liegt hierbei auf scheint, denn ein Blick in die Geschichte zeigt, dass zu jedem Zeitpunkt und in den verschiedensten Staats- und Regierungsformen, die jeweils Herrschenden offenbar kaum eine Gelegenheit ausgelassen haben, sich zu bereichern, oder andere zu übervorteilen und auszubeuten.
Ewig Aktuelles
Die Vergangenheit soll aber in meiner Kolumne bloß Schauobjekt und Lehrmeister sein, vor allem in Bezug auf diejenigen Schriften und rechtsphilosophischen Analysen, Romane und Dramen, die bis heute nichts an Aktualität verloren haben. Und welche uns eventuell dabei behilflich sein können, die darin gezogenen Schlüsse auf die Gegenwart anzuwenden. Das wäre sozusagen auch die Überschrift über meine Kolumne, die sich ganz und gar auf jene Regierungsform konzentrieren wird, die man gemeinhin als „beste unter den schlechten Regierungsformen“ bezeichnet. Die Demokratie.
Neuzeitlich betrachtet ist die Demokratie noch relativ jung (wir wollen jetzt nicht von den alten Griechen sprechen, bitte), trotz allem kracht und knirscht es aktuell ordentlich im Gebälk dieser „Herrschaft des Volkes„. Ich will mich natürlich auf österreichische Verhältnisse konzentrieren und auch wenn einem bestimmte Fakten, die aus Italien, Frankreich oder sonstigen demokratisch regierten Ländern zu uns dringen, sehr häufig den Magen umdrehen, ich bin der Meinung, man sollte zu allererst vor der eigenen Haustüre kehren. In dieser Hinsicht hat sich ja genug Dreck unter dem österreichischen Teppich angehäuft, welcher von den jeweiligen Regierungen der letzten Jahre dorthin verschafft wurde.
Spontan Böses
Gleich aus dem Stegreif fallen mir mindestens fünf Beispiele allein aus den vergangenen Monaten ein. Muss ich eine Aufzählung liefern? Gut: Skylink, Saualpe, Eberau, Hypo-Alpe-Adria, Strasser-Emails. Und so weiter und so fort. Jeder hat davon gehört. Das Erstaunliche daran ist aber, es passiert nichts. Rein gar nichts. Nicht in Österreich. Man redet darüber, die Zeitungen berichten (bestimmte darunter auch nicht), und das war’s. Es gibt keine Rücktritte, es gibt keine Konsequenzen. In Kärnten ist offenbar ein Mann Landeshauptmann, der offiziell und amtlich bestätigt unzurechnungsfähig ist. Eine faktische Aushebelung des Prinzips „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“.
Die Ursache für diese „Zustände“, anders kann man es wirklich nicht ausdrücken, sehe ich in der Tatsache begründet, dass es in Österreich offenbar kein Unrechtsbewusstsein zu geben scheint. Ein Faktum, das sicherlich historisch bedingt ist, wobei man diesbezüglich in die Zeit der Monarchie zurückblicken kann, wo bereits die Grundlagen für die typisch österreichische „Ich war’s nicht“-Haltung gelegt wurden, eine weite Reise zurück in der Zeit ist jedoch gar nicht nötig, denn das wohl prägendste Ereignis findet sich in der jüngeren Vergangenheit.
So scheint das österreichische Unglück wohl darin begründet, dass seit dem Ende des zweiten Weltkrieges die unselige Einstufung unseres Landes nicht als Mittäter und Kriegsbeteiligter, sondern viel mehr als Opfernation, diese Haltung sozusagen ins kollektive Unbewusste des gemeinen Österreichers gebrannt hat. Wir wissen nichts, und überhaupt mein Name ist Hase.
Chronische Probleme
Diese Krankheit ist heutzutage offenbar chronisch und schwer behandelbar. Mir persönlich ist zum Beispiel nicht ein Fall bekannt, in dem ein verantwortlicher Politiker auch nur einmal ausdrücklich seine persönliche Verantwortung eingestanden und daraus in einem Rücktritt auch die Konsequenz aus fehlerhaftem Verhalten gezogen hätte. Nein, hierzulande wird herumlarviert und die üblichen Verdächtigen haben es noch immer erfolgreich geschafft, sich irgendwie herauszuwinden, um dann ihre politischen Karrieren ungetrübt fortzusetzen.
Im besten Fall zettelt man irgendwelche anderen Debatten an und lenkt das Thema auf Dinge, die für „das Volk“ aktuell viel wichtiger sind. Oder man stellt sich überhaupt gleich als Opfer einer Hetzkampagne dar. Das sind sozusagen die Paradebeispiele für die oben beschriebene Staatskrankheit. Diagnostische Leitlinien für den politischen Laien.
Was tun also? Ehrlich, ich habe keine Ahnung. Ich habe auch nicht besonders viel Hoffnung, dass man bald ein Heilmittel gegen diese österreichische Dauererkrankung findet. Einzig und allein darüber reden wird wohl wichtig sein. Deshalb gibt es auch zurPolitik.com und deshalb schreibe ich auch hier. Man kann und darf nicht müde werden, die politischen Missstände in Österreich zu thematisieren.
Dafür werde ich mich auch im nächsten Eintrag einsetzen. Und im übernächsten. Jeden zweiten Mittwoch. Womit wir auch schon beim Ende angelangt sind und ich mich für die etwas allgemeinere Natur meiner ersten zurPolitik-Kolumne entschuldige. Beim nächsten Mal geht es ans Eingemachte. Ich verspreche es.
Susanne, 3. März 2010
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