Der freie Markt regelt alles, sagen unsere neoliberalen Freunde. Der freie Markt passt sich an. Der freie Markt erfüllt die Bedürfnisse der Kunden. Denn der freie Markt reagiert auf Nachfrage. Würde der freie Markt alles regeln, wären wir alle frei, glücklich und zufrieden.

Ich schreie ihnen laut ein „Fuck You“ zurück.* Denn ich bin der Meinung, dass der freie Markt die Gewinnmaximierung und den Shareholder Value über all diese angeblich netten Eigenschaften stellt. Zu Lasten der Kunden. Hierzu will ich zwei Beispiele anführen

Der PayTV-Paketwahnsinn

Sky ist, wie allgemein bekannt, ein PayTV-Anbieter. Der auch die Übertragungsrechte diverser europäischer Fußballigen, nationaler und internationaler Bewerbe (DFB-Pokal, Europa League, Champions League) besitzt. Wer in Österreich abgesehen von den Livespielen auf Puls4/RanTV.at (mit Sky-Werbung) und im ORF mehr Fussball sehen will, hat durch die Rechtemechanik nur Sky als Anbieter zur Auswahl

Sky zwingt den Kunden immer das Grundpaket „Sky Welt“  zum monatlichen Preis von 16,90 auf. Egal ob der Kunde die enthaltenen Sender sehen will, oder nicht. Wählt man zusätzlich das Paket mit europäischen Ligen, Bewerben und dem DFB-Pokal, so darf man 32,90 Euro im Monat (knapp 400 EUR im JAhr) hinlegen. Die deutsche Bundesliga ist da aber nicht inkludiert, wer auch Klassiker wie Bayern gegen Dortmund sehen möchte, wird mit 44,90 monatlich (etwa 540 EUR jährlich) zur Kasse gebeten.

Wer nur deutschen Fussball sehen will, wäre wieder bei 32,90. Aber da der deutsche Pokal fieswerweise im internationalen Paket steckt, wird man auch hier zu zwei Paketen gezwungen, wenn man die Cupschlachten nicht versäumen will.**

Ein reines „Internationaler Fussball“-Paket gibt es nicht. Ein Verzicht auf „Sky Welt“ (das keine technische Voraussetzung für’s Fussball-Schauen ist) ist nicht möglich.

Man kann freilich von Sky angebotene Streams auf der UEFA-Seite sehen, diese sind aber derart hochpreisig (ca. 10 €/Spiel), dass selbst das PayTV-Abo noch günstig dagegen aussieht.

Die Preispolitik von Sky in anderen Ländern bzw. jene von anderen PayTV-Anbietern dürfte wohl ähnlich sein. Kein Wunder also, dass sich privat verteilte Streams über SopCast, Veetle, StreamTorrent oder einfach im Browser hoher Beliebtheit erfreuen. Durchaus ein Beweis dafür, dass das Anbieten eines reinen Fussball-Paketes einige Abnehmer hätte. Denn dieses hätte den Vorteil qualitativ viel besserer und abbruchfreier Übetragungsqualität. Während man beim Schauen von Streams mit bröseligem Bild, schlechtem Sound und Unterbrechungen zu kämpfen hat.

Sicherlich würde nicht jeder Stream-Sucher bei Gelegenheit auf ein günstiges Fussballangebot umsteigen. Das einzige Risiko, dem sich Sky aussetzen würde, wäre aber der Umstieg von Kunden, die die Kombination aus Sky Welt und Fussball bis jetzt freiwillig in Kauf genommen haben. Dafür würden einige Neukunden gewonnen.

Ob diese die „Verluste“ durch die Umsteiger ausgleichen würden, weiß ich nicht. Dazu müsste man wohl einen Marktforscher beauftragen. Klar ist aber, dass hier die Profitmaximierung klar auf Kosten der Angebotsflexibilität geht und dem Kunden damit ein Nachteil ist.

Statt ein Angebot für Fussballjunkies bereitzustellen beschäftigen sich Sky und Konsorten übrigens lieber damit, Geld in die Abschaltung der freien Streams zu investieren. Um den Zusehern möglichst keine Wahl zu lassen. Ich komme mir dezent verarscht vor.

Mobiles Internet – nix für Zwischendurchnutzer

Bisher war ich froh. Anno 2008 schlug ich bei einem Orange-Angebot für mobiles Internet zu. Einen Euro pro Tag Nutzung, 6 GB in voller Geschwindigkeit (danach bis 15 GB in ISDN-Speed). Keine Grundgebühr, keine Bindung. Für einen User wie mich optimal, denn ich benutze mobiles Internet maximal zwischendurch, und in manchen Monaten gar nicht.

Nun bin ich allerdings länger im Krankenhaus und habe die 6 GB-Grenze gesprengt. Das Internet 2010 in ISDN-Speed zu besurfen war schon vor zwei Jahren nicht lustig und ist heute eine Qual sondergleichen. Also rief ich den Support an, und fragte was ich tun könnte.

Die Antwort: Nichts. Ausser das Angebot zu wechseln. Ein Refill (für meiner Meinung nach happige 5 EUR pro GB) ist bei einem grundgebührlosen Tarif nicht möglich. Eine aktuelle Version des „1 € pro Tag“-Angebots existierte nicht. Es wurde mittlerweile eingestellt.

Meine Optionen:  Weiter mit ISDN-Speed zu surfen (unerträglich), auf ein Angebot mit Grundgebühr, Refilloption und langer Bindung zu wechseln (unnötig) oder auf eine Wertkarte umzusteigen. Letztere wäre bei 12-Monats-Gültigkeit eine Option gewesen. Die Kosten für die Wertkarte (idR. 10-20  EUR mit ein wenig Datenvolumen) hätten mich noch nicht abgeschreckt. Das man ohne Grundgebühr unfassbare 20 Euro pro Gigabyte berappen muss, schon.

Während Sky in Österreich eine Monopolstellung hat, gibt es am hiesigen Markt für Telekommunikation große Anbieter: T-Mobile/Telering, Orange/Yesss und Drei, A1/Bob. Doch überall das gleiche Bild. Ein Gigabyte (1,5 bei A1, 2 bei Yesss) um 20 Euro. .Auch das fällt eher unter die Kategorie „Sauteuer“. Tagesflatrates: nicht vorhanden. Der einzige Lichtblick ist ein grundgebühr- und bindungsfreies 4 EUR/GB-Angebot des A1-Ablegers Bob. Aber auch das darf noch als teuer durchghen.

Ein Schelm, wer an da an Preisabsprachen denkt.

Frei ist nur der Markt, nicht der Kunde

Während der Markt bei den Handytarifen zu funktionieren scheint (hier dreht sich die Preisspirale recht beständig nach unten), versagt er bei mobilem Internet unter den gleichen Bedingungen. Der PayTV-anbieter Sky agiert in österreich als Monopolist. Als solcher könnte er aber immer noch den Wünschen der Kunden entgegenkommen, was er aber nicht tut.

Die Bedürfnisse der Kunden werden in den beiden Beispielen nicht erfüllt. In beiden Fällen ist die Erfüllung der benannten Bedürfnisse mit hohen und unnötigen Kosten verbunden. Die neoliberalen Propheten sind hiermit wiederlegt.

* Ich möchte die absichtlich provokant gewählte Überschrift ein wenig abmildern. Ich habe kein prinzipielles Problem mit dem freien Markt. Ich finde allerdings, das nicht alles (etwa Bildung und Gesundheitsversorgung) ausschließlich von Privatunternehmen geregelt werden muss. Zudem ist der freier Markt ein Konzept mit schöner Theorie, aber einer Wirklichkeit, die ganz anders aussieht. Daran muss gearbeitet werden und darum sind staatliche Kontrollen und Eingriffe manchmal nötig. Auch wenn jene, die den freien Markt als Allheilmittel für alles dies konsequent ausblenden.

** Die einmalige und drei Monate lange Reduktion auf 26,90 Grundgebühr bei Auswahl aller Pakete ist in den Jahresberechnungen nicht enthalten. Die Rechnung stimmt ab dem zweiten Jahr genau, im ersten Jahr belaufen sich die Gesamtkosten inkl. Reduktion auf 484,80 EUR)

Foto: RubyJi / CC-BY-NC-SA 2.0

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