Griechenland steht vor einem gewaltigen Sparprogramm. Die Staatsschuld ist enorm, das Defizit 2009 betrug 13,6 % des BIPs. Das entspricht mehr als einem Viertel der jährlichen Staatseinnahmen. Die griechische Regierung will die Neuverschuldung bis 2014 Maastricht-konform machen, sprich auf höchstens 3% drücken. Kann sich das überhaupt ausgehen?

Verschnaufpause von drei Jahren

Die Finanzhilfe von EU und IWF wurde für die nächsten drei Jahre im Umfang von 110 Milliarden Euro zugesagt. Das schottet die Griechen für diese Zeit von den internationalen Finanzmärkten ab, zu denen sie zu leistbaren Konditionen sowieso keinen Zugang mehr hätten.

Das bringt mich zur Intention dieses Artikels. Die Griechen müssen sich nach derzeitigem Stand also in drei Jahren wieder selbst finanzieren, sprich neue Kredite aufnehmen (bis dahin wird kein ausgeglichenes Budget zu schaffen sein) und alte zurückzahlen. Wird Griechenland dann bereits so stabilisiert sein, um Anleihen zu halbwegs handelsüblichen Konditionen aufnehmen zu können?

Steuern rauf, Ausgaben runter

Eines kann man Hellas nicht vorwerfen, mangelnde Initiative um der Verschuldung Herr zu werden. Ein unglaubliches Sparprogramm inklusiver diverser neuer Massensteuern wartet auf die griechische Bevölkerung. Vor allem Staatsbedienstete dürften diese Maßnahmen schwer zu spüren bekommen.

Hier die gravierendsten Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen:

  • Lohnkürzungen für Beamte um 8% (nachdem diese im März bereits um 10 % gekürzt wurden)
  • Beamte mit einem Bruttolohn ab 3.000€ wird das 13. und 14. Gehalt gestrichten
  • Bis 2015 soll die Lebensarbeitszeit von 37 auf 40 Jahre angehoben werden (um volle Rente zu erhalten)
  • Die Mehrwertsteuer wird auf 23 % erhöht (nachdem diese im März bereits von 19 auf 21 % erhöht wurde)
  • Die Steuern auf Tabak, Spirituosen und Kraftstoffe werden um 10 % erhöht

Quelle: wsws.org

Negative Konjunkturaussichten

Trotz der Notwendigkeit dieser Maßnahmen muss man der Realität ins Auge sehen und einen Einbruch der Konjunktur befürchten. Das Vertrauen in die Politik ist weg, die Menschen stehen auf der Straße und der Konsum wird sinken. Gleichzeitig wird Griechenland aufgrund der aktuellen Lage für neue Unternehmen nicht gerade attraktiver. Bestehende könnten sich wegen der herrschenden Instabilität zweimal überlegen, neue Investitionen zu tätigen.

Alles in allem keine gute Grundlage für ein Wirtschaftswachstum, dass Griechenland ohne Zweifel benötigen würde, um den Schuldenberg abzubauen. Schlittert das Land in eine noch tiefere Rezession, sinkt also das BIP weiter, wird es doppelt so schwer, Defizit und Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen, weil beide Werte an das Bruttoinlandsprodukt gekoppelt sind. Sinkt der Referenzwert, steigen daran gemessene Zahlen wie Neuverschuldung auch ohne absoluten Anstieg.

Alternativen

Angesichts dieser Tatsache müssen andere Möglichkeiten geprüft werden. Vor allem, Griechenland in den Bankrott zu schicken, liegt hier am nächsten. Auf den ersten Blick größter Vorteil dieser Option: Auch die Gläubiger würden in die Verantwortung genommen werden. Wie in meinem vorigen Artikel zu dieser Materie beschrieben, haben viele europäische Banken Geld in griechischen Staatsanleihen geparkt.

Teile dieser Ausfälle könnten die einzelnen Regierungen in Form eines Bankenpakets übernehmen. Nur nebenbei, Bankenpaket, so könnte man die Griechenlandhilfe sowieso nennen. Wären europäische Banken nicht in diesem Ausmaß in Griechenland aktiv, würde man nicht lange zögern und eine Insolvenz zulassen.

Bankrotte Euroländer

Ein europäisches Land in den Bankrott schicken. Klingt irgendwie unrealistisch, wäre aber durchaus nicht unrichtig. Staatsanleihen würden dann mit Vorbehalt gekauft werden, das heißt das Risiko beim Erwerb dieser würde besser abgewogen werden. So könnten Tendenzen viel früher erkannt werden und die Länder in eine geordnete Insolvenz gehen bevor sie die ganze Eurozone mit hineinziehen.

Richtig erkannt

Derzeit war es wohl die richtige Entscheidung Griechenland zu helfen. Würde man Hellas bankrott gehen lassen und die EU dann teilweise Banken entschädigen, würde das einen Vertrauensverlust auf den Märkten auslösen, dem andere Euro-Wackelkandidaten in der derzeitigen Verfassung nicht standhalten könnten. Wenn sich die allgemeine Budgetlage aber wieder einmal beruhigt haben sollte und ein einzelnes Land vor dem Bankrott steht, dann kann man das ruhigen Gewissens in die Insolvenz schicken.

Die Finanzmärkte könnten dadurch erzogen werden, dass sie es sich vielleicht zweimal überlegen, Anleihen von gefährdeten Staaten aufzukaufen und von hohen Risikoaufschlägen zu profitieren. Was daran gut sein soll, wenn Staaten sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt nicht mehr refinanzieren können, weil potentielle Käufer von Anleihen Zahlungsausfälle befürchten? Ganz einfach. Die Verschuldung steigt nicht in ein Ausmaß, in dem ein Bankrott eine ganze Währungsunion mit in den Strudel reißen würde.

Helfen und klarstellen

Aber wie gesagt, in der jetzigen Situation sind die Finanzhilfe für Griechenland und der Rettungsschirm eine gute Idee, weil so eine Kettenreaktion von Staatspleiten und ein damit verbundener Zusammenbruch der Währungsunion verhindert wurde. Dass es sich dabei aber nur um Symptombekämpfung handelt, sollte klar sein. In Zukunft muss darauf geachtet werden, dass nicht mehr der Steuerzahler für kollektives Wegschauen bezahlen muss.

Tatbestände wie überbordende Staatsschulden müssen früh erkannt werden. Die EU-Kommission hat bereits einen ersten wichtigen Schritt gesetzt und will sich die Budgetpläne jetzt bereits anschauen, bevor diese verabschiedet werden. Die Union muss auch klarstellen, dass sündige Länder, die über ihre Verhältnisse gelebt haben, in Zukunft in den Bankrott geschickt werden. Die Hilfe darf nicht zur Selbstverständlichkeit werden. Ansonsten würde man jegliche Bereitschaft zu einer ordentlichen Haushaltspolitik unterbinden.

Alternativlos

Pleitestaaten gehen dann durch schwierige Jahre, haben aber die Chance für einen Neuanfang. Dass das aufgrund der wahrscheinlichen Kettenreaktion im Moment nicht die richtige Entscheidung gewesen wäre, davon bin ich überzeugt. Die Griechenlandhilfe war in der Tat alternativlos, auch wenn es sich viele Menschen, mich eingeschlossen, nicht vorstellen können, dass sie ohne weitere Finanzspritzen aus der Negativspirale herauskommen.

Mangelndes Vertrauen und erwartete Konsumeinbrüche führen nach gängigen Theorien nicht gerade zu einer florierenden Wirtschaft. Es bedarf eines Kunststücks der griechischen Regierung, uns eines Besseren zu belehren. Angesichts der Summen, mit denen jetzt jeder Staatsbürger der übrigen Euroländer in Griechenland beteiligt ist, muss es ganz einfach klappen. Ein Gelingen ist, wie so vieles, alternativlos.

Bild “Venizianischer Hafen von Chaniá (Panorama)”: © tobman79/ PIXELIO
Bild “Das Geld wird knapp”: © insektivor212/ PIXELIO

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