Es ist wieder einmal Zeit für eine kleine Replik. Max Kossatz macht sich Sorgen, dass Apple ein Vertriebsmonopol werden könnte. Ich finde ja, die schönsten Blogposts sind die, welche den Leuten etwas „Angst“ nehmen. Und das hier ist wieder so einer.

Apple aber baut ein Content-Distribution-Monopol auf, d.h. sie bestimmen wer überhaupt Information an wen senden darf und somit die Inhalte – und das völlig intransparent

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Sie sind schon weit gekommen, gutes Timing um die Ängste der Musik/Fernseh/Verlage abzufangen.

Um diese Befürchtung zu zerschlagen, hole ich etwas weiter aus. Apple hat ja kürzlich neben einer Reihe belangloser (aha, mhm, ein neuer iPod-Shuffle) bis absurder (ein fingernagelgroßer iPod mit Multitouch) Gadgets ohne jeden Neuwert auch zwei interessantere Dinge angekündet.

Das eine ist die Social Network-Erweiterung „Ping“ für iTunes. Das ist eine Kopie von MySpace – Jahre nach dessen größten Erfolgen. Das in Apples abgeschottete Welt zu übertragen, wird einigen dort ansäßigen Fans sicher ganz gut gefallen. Es wird aber für niemanden sonst ein Killerargument sein, um iTunes zu nutzen. Jeder kann schon heute mit jedem Künstler kommunizieren, der daran interessiert ist. Dafür gibt es MySpace, Blogs, Last.FM, Twitter, Facebook und, und, und …

Das andere ist Apple TV. Hier bringt eine kleine Box per W-LAN die Möglichkeit zum Streaming-Fernsehen. Ein an sich attraktives Prinzip, mit einem Preismodell das zu hinterfragen ist: 1 Dollar pro Serienteil, 5 Dollar pro Film – das bin ich (wie auch die Masse der Menschen) nicht bereit auszugeben. Die spendablen Tech-Freaks stößt man vor den Kopf, weil nicht in HD gestreamt wird. Das muss alles nicht so bleiben, aber in dieser angekündigten Form dürfte Apple TV ein reines Nischenprodukt sein. Selbst bei halbiertem Preis mit Full-HD wäre es das in Wahrheit noch.

Ich bin keiner, der Apple per se schlecht findet. Mit meinem geschenkten iPod-Shuffle war ich glücklich, bis er kaputt war (ich bin trotzdem froh, dass mich Georg überredete, zum Sansa Clip zu greifen). Ich benutze iTunes als Podcast-Sammelstelle und MP3-Player. Und sollte ich zum Arbeiten nicht im kommenden Jahr ein anderes gutes, günstigeres 13 Zoll-Notebook finden, würde ich sogar ein Macbook erwägen. (Mit dieser offenen aber nicht begeisterten Haltung bin ich erfahrungsgemäß relativ alleine. Es scheint eine gläserne Decke von 10 bis 15% an Usern geben, die ziemlich viele Apple-Produkte nutzen, während der Rest der Welt mit dem iZeug so gut wie nicht in Berührung kommt.)

Aber die Produkte umgibt auch immer eine Aura von künstlichem Glanz und Hype.

Das gilt auch für das Unternehmen selbst. Ohne Widerrede darf man ihm viel Erfolg attestieren. Aber der große Coup, der gelang nur einmal.
Die Erfolgsstory schlechthin sind die iPods. Genaue aktuelle Zahlen konnte ich auf die Schnelle nicht finden, aber bis vor einem Jahr wurden 220 Millionen Stück davon verkauft (seit drei Jahren wachsen die Verkäufe allerdings nicht mehr).

Überall anders ist Apple ein Player, aber kein Gigant. Die PC-Betriebssysteme werden immer noch zu 88% von Microsoft gestellt (10% MacOS), die Webbrowser dieser Welt sind immer noch der Internet Explorer (71%) und Firefox (20%) und nicht Safari (6,5%). Apple war zwar mit dem Touchscreen des iPhone weit vorne, aber nur 14% der Smartphones laufen mit iOS (der offensichtliche Hauptkonkurrent Google kommt mit Android bereits auf 17%).

Das iPad als eine der wichtigsten Plattformen für den Contentbereich wird bis Ende seines ersten Jahres ungefähr 10 bis 15 Millionen Stück absetzen. Das ist eine an sich beeindruckende Zahl. Aber sie muss sich auch mehrmals vervielfachen, um tatsächlich Marktmacht im Contentbereich ausüben zu können. Und irgendwann wird auch am Tablet-Bereich Konkurrenz entstehen (vielleicht schon demnächst).

Damit kommen wir auch schon zum Content. Zwischen 2007 und 2010 hat Apple über iTunes (laut eigenen Angaben) 7 Milliarden Songs verkauft. Das ist beeindruckend und in der digitalen Distribution DAS große Ding. Aber das ist ja auch noch ein junges Geschäft. Denn ist es erschreckend, dass jeder Mensch mit Breitbandinternetanschluss über drei Jahre durchschnittlich fünf bis zehn Lieder über iTunes heruntergeladen hat? Youtube schafft diese Zahl doch in ein oder zwei Wochen! Selbst da, im absoluten Kernbereich des Apfel-Contentgeschäfts, liegt also immer noch viel Potential für die Konkurrenz und andere Geschäftsmodelle auf der Straße.

Zumal Apple anderswo niemals so weit vorne sein wird. Bei allem was es anbietet, steht es nicht nur illegalen Kanälen und den freien Vertriebswegen des Internets, sondern auch mächtigen Konkurrenten wie Amazon gegenüber (ein von denen unterstütztes Tablet gibt dem iPad schnell Saures, eigentlich reicht dazu schon eine Store-App für Android).

In vielen Bereichen wird der Konzern eine mal kleinere, mal größere Rolle spielen. Doch ein Apple-Vertriebsmonopol bei Büchern, Videospielen, Filmen, Serien, Musik oder Information scheint schlichtweg nicht denkbar. Dessen versichert übrigens auch die elitäre Preis- und restriktive Unternehmenspolitik, aufgrund derer Jobs und seine Freunde zum Beispiel im größten Content-Gewerbe bewusst nicht sind: Porn.

Fotocredits: Ben Adamson, CC2.0 BY-NC-SA

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