Okay, das ist etwas lächerlich.

Kürzlich schrieb ich über die Idee, dass Twitter aktiv daran arbeitet, Wikileaks aus den Trending Topics zu halten. Gestern führte ich das weiter und drückte meine Skepsis aus, dass ein fauler Zauber stattfindet – auch wenn die Daten seltsam aussahen.

Ich habe nun das Muster im Langzeit-Traffic für „Sundays“, einem der großen gestrigen weltweiten Trending Topics, mit dem von „Wikileaks“ verglichen. Und ich bin ziemlich verblüfft. Wenn meine Daten korrekt sind, geht etwas sehr, sehr Seltsames vor sich.

Seht euch das an.

Dies ist das Volumen der letzten 180 Tage für „Sundays“ auf Twitter (Quelle: Trendistic. Das Wort trendet wenig überraschend jedes Wochenende und wuchs seit Mitte Juli nur geringfügig. Mit Ausnahme des Ausschlags von gestern war der größte Ausreißer höchstens doppelt so groß wie der kleinste.

Sieht man sich die Trend-Daten (Twend It) an, erkennt man, dass „Sundays“ in den letzten zwei Monaten vier Mal ein Trending Topic war – am 26.9., 18.10., 21.-22.11. und heute. Die ersten beiden Male war das an einem komplett normalen Tag für „Sundays“ (gemessen am gesamten Volumen). Das dritte Mal war an einem Wochenende, wo das Thema länger im Trend lag, aber nicht höher als in der Vergangenheit ausschlug.

Warum ist das signifikant? Weil, wie ich diesen Morgen schrieb, der Neuigkeitswert einer Phrase laut Twitter ein wichtiges Anzeichen dafür ist, ob es trendet oder nicht. Doch „Sundays“ ist das Gegenteil von neuwertig. Der Term schlägt jede Woche auf ziemlich genau dieselbe Art aus. Mit dem Kriterium der Neuwertigkeit sollte er einen großen Nachteil gegen hunderte andere Phrasen haben – unter anderem gegen „Wikileaks“.

Seht euch den Tendistic-Chart für „Wikileaks“ über dieselben 180 Tage an. Ihr werdet sehen, was ich meine.

Das „Wikileaks“-Muster ist offensichtlich deutlich weniger regelmäßig, als das von „Sundays“. Es gibt einige größere Ausschläge (manche über eine längere Zeit, aber immer noch mit signifikanter Aktivität) und einen Haufen an langer Strecken, an denen nichts vor sich geht.

Wir sehen, dass bis zum ersten Ausschlag fast nichts passiert. Das passiert am 26. Juli. Dann nimmt die Aktivität graduell über den nächsten Monat ab, schlägt am 21. August noch einmal aus – und dann passiert fast zwei Monate nichts. Es kommt ein dritter Ausreißer ab 24. Oktober – etwas kleiner als der erste, aber viel langanhaltender. Der Verkehr beginnt Mitte November wieder zu wachsen, erreicht am 29. November seinen Höhepunkt auf einem Volumen vier Mal so hoch wie im August und erreicht seitdem ein Plateau auf zwei Dritteln davon.

Wenn man mich fragt, würde ich – nur so aus der Hüfte geschossen – sagen, dass es hier drei oder vier offensichtliche Stellen gibt, wo „Wikileaks“ erwartungsgemäß ein Trendthema sein müsste, mit der letzten Stelle als der offensichtlichsten. Aber beim Blick auf Twend It sieht man, dass es im Juli 38 Stunden über drei Tage trendete, am 21. August weniger als zwei Stunden und seitdem nie mehr.

Lasst mich das wiederholen. „Wikileaks“ war nach dem ersten Ausschlag des obenstehendes Charts für drei Tage Trendthema, für zwei Stunden beim nächsten kleineren Ausschlag, und überhaupt nicht beim riesigen Ausschlag, der gerade stattfindet.

Seltsam, nicht wahr?

Aber nein, das ist nicht der seltsame Teil. Dies ist der seltsame Teil.

Diese Grafik verfolgt „Sundays“ und „Wikileaks“ über die letzten 180 Tage. Die roten Spitzen sind? „Wikileaks“. Der blaue Staub am Boden dieser Spitzen? „Sundays“. Der kleine blaue Ausschlag in der linken Ecke verursachte eine mehr als zwölf Stunden lange Trendphase für „Sundays“ gestern, während „Wikileaks“ seit August komplett im Dunkeln liegt.

Was zur Hölle ist hier los?

Wie ich schon in meinen beiden älteren Blogposts sagte, ist mir die Trending Topics-Liste nicht wirklich wichtig. Ich glaube stark an Onlineorganisation [von Bewegungen, Anm.], aber ich denke nicht, dass es im großen Rahmen wichtig ist, seine Sache zum Trend zu machen. Aber wie gesagt: Das ist lächerlich.

Angus Johnston ist Historiker mit einem Doktor von der City University von New York. Seine Spezialgebiete sind Studierendenaktivismus und -organisation. Er bloggt auf Student Activism, wo auch dieser übersetzte Beitrag zuerst erschien.

Foto: dev null, CC2.0 BY-SA

Update von zurPolitik.com, Reaktion von Twitter:

Ein Josh Elman hat unter dem Originalpost geantwortet. Er arbeitet laut eigener Aussage an den Twitter Trends und meint, der Algorithmus für die Trendberechnung würde „Wikileaks“ völlig unkontrolliert verschlucken: „Es geht dabei nicht einfach um die ‚meisten Tweets‘ – da steckt mehr Wissenschaft dahinter. Unter anderem geht es darum, wie divers die Tweets und Twitterer sind. Es ist nicht darauf eingestellt zu zeigen ‚Das sind gerade jetzte die meistdiskutierten Dinge auf Twitter‘, sondern mehr ‚Das sind die Top Dinge auf Twitter, die gerade jetzte deutlich mehr als normalerweise diskutiert werden‘.“ Unserer Ansicht hat Angus diese Argumentation schon im Vorfeld berücksichtigt und der Algorithmus ist im besten Fall als unbrauchbar entlarvt.

Elman: „Ich stimme zu, dass Trends ein Gebiet sind, wo noch viele Verbesserungen beim Algorithmus und dem Verständnis und der Visualisierung des Vorgangs möglich sind. Es gibt dafür keine perfekte Antwort, nur dass der Algorithmus tut, was er immer getan hat – und aus welchem Grund auch immer steigt Wikileaks nicht in die Top 10 Trends ein. […] Bei Wikileaks gab es eine plötzliche Spitze – besonders letztes Wochenende – und Phrasen wie #cablegate trendeten.

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