Kürzlich habe ich hier die 33 Fragen von Religionslehrer Aly El Ghoubashy veröffentlicht, die zu seinem Rauswurf aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft geführt haben. Die Fragen fand ich grundvernünftig und wollte sie deshalb durchaus beantwortet haben. Ich wandte mich an Fuat Sanac, den Verantwortlichen des Schurarates, und bekam auch eine Antwort – eine auf meine E-Mail, nicht auf die ursprünglichen Fragen.
Eigentlich wollte ich Platz bieten, damit die betroffenen Personen ihre Standpunkte und Außenstehenden einige Dinge erklären konnte. Es wäre Raum da gewesen, um die ganze Sache in einer öffentlichen Debatte zu klären.
Was ich stattdessen zurückbekam waren aber nur Gegenfragen – in einem Ton den ich als unfreundlich empfand.
„Wissen Sie nicht, dass alle Schulbücher vom BMUKK approbiert werden müssen?“, „Wissen Sie denn nicht, dass eine Religionsgesellschaft vom Staat nicht subventioniert wird?“, „Wenn Sie es nicht wissen, weiß Herr El Ghoubashy denn als ein Muslim nicht, was ein Helal-Zertifikat-Beauftragter ist und was seine Aufgaben sind?“…
Nein wusste ich nicht, deshalb bat ich es ja um Aufklärung.
Die Interna der IGGiÖ sind mir freilich nicht bekannt. Es steht mir also nicht zu, aus den nicht gegebenen Antworten irgendwelche Rückschlüsse bezüglich der Organisation zu ziehen. Aber an der Kommunikation ist etwas auffällig: Die Antworten von Herrn Sanac erinnern mich sehr an zahlreiche Auftritte von Anas Schakfeh – den Präsidenten der Glaubensgeminschaft. Immer wieder werden keine Antworten auf öffentliche Kritik an der IGGiÖ gegeben.
Die Fragen von Herrn El Ghoubashy sind da nicht anders behandelt worden, als die bekannte Studie zur Demokratie-Unverträglichkeit eines beachtlichen Teils der islamischen Religionslehrer (die übrigens nicht ganz so klar ist, wie sie gehandelt wurde), oder Kritik von Muslimen außerhalb Österreichs. Wie Sanac keinen Sinn mehr darin sah, die 33 Fragen zu beantworten, nachdem El Ghoubashy nach Tagen an die Öffentlichkeit getreten war, so sieht auch Schakfeh keinen Grund, sehr grundlegende Kritik zu kommentieren.
Standard: „… Allen voran Österreich“ kritisiert er dafür, dass liberale Muslime ausgegrenzt und Ansätze islamischen Radikalismus zugelassen werden …
Schakfeh: „… Daher muss man Zwischenrufe von fragwürdigen irakischen Gestalten auch nicht kommentieren.“ (Quelle)
So zu blockieren wäre in einer Debatte mit einem rechtradikalen Gegenüber verständlich, das nicht an Dialog interessiert ist (wobei auch nicht hilfreich). Aber gerade bei den genannten Fällen stammten die Kritiker aus der eigenen Organisation oder gehören zumindest derselben Weltreligion an. Und vor allem sind die Antworten auch für aufgeschlossene Mitmenschen bedeutend. Dennoch wird nicht offen kommuniziert und aufgeklärt, sondern gemauert, ausgewichen und die Kritiker attackiert.
Die Bezeichnung eines Autors der irakischen Verfassung als „fragwürdige Gestalt“ zu bezeichnen, statt die Kritik zu beantworten, ist eine plumpe Strategie. Aly El Ghoubashys Ausschluss aus der Glaubensgemeinschaft ist sogar die womöglich schwächste Reaktion überhaupt. Sie hinterlässt nicht nur für Außenstehende einen katastrophalen Beigeschmack.
So als offizielle Vertretung der Musliminnen und Muslime in Österreich aufzutreten (wobei das ohnehin zu hinterfragen wäre, da nur weniger als 1 bis 4% der Gläubigen tatsächlich stimmberechtigte Mitglieder sind, was von einem Mitgliedsbeitrag abhängt) ist kontraproduktiv. Es wäre jedenfalls an der Zeit, dass sich die Glaubensgemeinschaft erneuert und einen offeneren Umgang mit Kritik pflegt.
Mit einem vorzeitigen Rücktritt von Herrn Schakfeh (der die Auslöschung Israels befremdlicherweise für eine „Utopie“ hält) wäre ein Anfang gemacht.
Inzwischen wäre auch die Regierung gefragt. Es wäre angebracht, den Modus des und die Aufsicht über den islamischen Religionsunterricht zu hinterfragen (zumindest solange man konfessionellen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen überhaupt für sinnvoll hält) und eine repräsentative und offene Vertretung von Muslimen sicher zu stellen. Das kann auch eine erneuerte IGGiÖ sein.
Foto: place light, CC2.0-BY