Mit der Nominierung von „Kellernazi“ (wie sie der Journalist Hans-Henning Scharsach nannte, und vor Gericht Recht bekam) Barbara Rosenkranz als Präsidentschaftskandidaten war fast klar, dass diese Debatte von der FPÖ in die x-te Runde geführt wird. Abschaffen wolle Sie es, wird ihr vorgeworfen. Die Zurückweisung folgte in einer Aussendung: Rosenkranz halt laut eigener Aussage nur Teile des Gesetzes für der Meinungsfreiheit widersprechend. Was ist dieses Verbotsgesetz eigentlich?
Im §3 des „VerbotG“, dass im Vereinsrecht festgehalten ist, finden sich jene Absätze, die gemeinhin als das Verbotsgesetz bezeichnet werden. Sie beinhalten kurz umrandet: Das Verbot der NSDAP, ihrer Wehrverbände und aller nationalsozialistischen Organisationen sowie deren Neubildung, die Gründung oder Unterstützung von Vereinigungen die nationalsozalistische Zeile verfolgen, die Erlöschung aller Mandate die an Wahlvorschläge der NSDAP gingen, die Betätigung für ihre Ziele, die Verherrlichung, Anpreisung oder Anstiftung zur Verfolgung von nationalsozalistischen Zielen und derartig motivierte Straftaten. Soweit §3 bis §3f.
Besonderes Augenmerk sollte aber dem Paragrafen §3g gelten. Dieser ist nämlich der Lieblingsfeind diverser Verbotsgesetzgegner. Zitat:
Wer sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, wird, sofern die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung strenger strafbar ist, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis zu 20 Jahren bestraft.
Wer genau hinsieht wird feststellen, dass in den Paragrafen davor zwar untersagt wird, den Nationalsozialismus in irgendeiner Form zu preisen. Inkludiert darin ist allerdings nicht die Verzerrung der Geschichte, sprich etwa das Leugnen von Gaskammern und weiterführend das Relativieren sonstiger NS-Verbrechen.
In seiner Formulierung ist §3g dabei sehr schwammig, da „sich in anderer Weise als in §§3a bis §3f bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätig[en]“ keine klare Definition eines Tatbestands ist. Wenn die Gegner des Verbotsgesetzes hier Willkür („Gummiparagraf“) mockieren, dann haben sie nicht ganz Unrecht. Die Auslegung von §3g kann natürlich ein Grenzfall sein – dementsprechend gab es bereits heiß umstrittene Verurteilungen wie auch Freisprüche (siehe etwa den Welser BfJ-Prozess).
Definitiv kein Grenzfall ist jedoch die Leugung des Holocausts, die dann straffrei möglich wäre. Die Existenz, Funktion und Verwendung von Gaskammern im Dritten Reich ist einwandfrei belegt. Alle angebrachten Zweifel aus dem rechtsextremen Eck hielten den erforschten Tatsachen nicht stand. Objektiv gesehen hat ein Verbot dessen gar nichts mit Meinungsfreiheit zu tun, da die Leugnung von Fakten schwerlich als Meinung gelten kann. Das gleiche gilt etwa auch für Mondlandungs-Skeptiker, bloß dass deren Spinnerei nicht eindeutig einer politischen Motivation oder einem politischen Lager zugeordnet werden kann. Die einschlägig „Propagandalüge“ genannte Behauptung, es hätte keinen Holocaust gegeben, ist zudem nichts anderes als die logische Erweiterung der in der Nazizeit propagierten „jüdischen Weltverschwörung“.
Nun könnte man zurecht argumentieren, dass man schlichtweg §3g in ein Verbot der Leugnung der Shoa umformulieren müsste um Willkür in seinem Gebrauch zu vermeiden. An Klarheit sind die Gegner des Verbotsgesetzes in den Reihen der FPÖ und Gruppierungen wie der NVP aber gar nicht interessiert. Denn die Schwammigkeit der vorhandenen Bestimmung ermöglicht ihnen das Spielen mit Tabus.
Ich wette, dass ein eindeutiges Verbot der Holocaustleugnung die selbstproklamierten Verfechter des freien Wortes nicht zufrieden stellen würde. Und genau darum wünsche ich mir eine solche Präzisierung von §3g. Sie würde den Ewiggestrigen die Deckung jener Meinungsfreiheit nehmen, die keine ist.