Wien bekommt in den nächsten Jahren an öffentlichen Plätzen und Einkaufsstraßen öffentliches W-LAN. So können sich Menschen mit Handys, Tablets und Notebooks ins Internet einwählen. Das ist vor allem für TouristInnen erfreulich, die im Ausland ansonsten beim Datenroaming abgezockt werden. An den richtigen Orten eingesetzt, ist es aber natürlich auch für Einheimische ein Gewinn.

Das Projekt ist wohl vergleichsweise günstig, wenig emotional und wird die Welt nicht grundlegend verändern – aber es ist sinnvoll und herzeigbar. Als solches könnten die Parteien eigentlich geschlossen dahinterstehen und sich am Fortschritt freuen. Stattdessen bevorzugen sie den üblichen Hickhack.

„Nicht immer ist alles schlecht, was die Wiener Stadtregierung umsetzt. Vor allem dann, wenn Forderungen der JVP erfüllt werden“, schreibt ÖVP-Blogger Gerhard Loub. Eine ehrliche Gratulation sieht freilich anders aus.

Schon den ganzen Tag waren die Kampfposter der Partei in Foren und Social Networks damit beschäftigt, jeden der sich über die Umsetzung freute, auch ja nicht vergessen zu lassen, dass die Jugendorganisation der Volkspartei diese Idee schon im Wienwahlkampf vergangenen Herbst hatte. Das ist mir zwar damals bei all dem Geilwerden entgangen (vielleicht sollten Jungpolitiker im Wahlkampf doch lieber über Politik statt Partybusse reden), aber es ist an sich eine gute Sache.

Meins, meins, meins

Doch die JVP tut penetrant so, als wäre sie der Urheber dieser Idee. De facto haben die Grünen das Projekt wahrscheinlich in der Regierung vorangetrieben, denn tatsächlich habe ich schon vor Jahren mit einigen ihrer Politikern darüber gesprochen. Aber selbst das ist für mich eher eine Selbstverständlichkeit als ein Grund zum übermäßigen Lob. So wahnsinnig kreativ ist die Idee öffentlicher W-LAN-Spots in einer Millionenstadt im Jahr 2011 nämlich wirklich nicht – andere Städte haben das schon seit einem halben Jahrzehnt.

So eine Idee als eigene Leistung zu verkaufen ist ungefähr so sinnvoll, als würde ich heute einen frischgebackenen Blog-Autor beglückwünschen, weil er uns die Idee des Bloggens nachmacht. Aber von mir aus klopfe ich den Grünen auf die Schulter und von mir aus darf und soll die JVP trotzdem darauf verweisen, dass ihr die Idee auch gekommen ist (vielleicht sollte sie sie dann auch auf ihre Webseite schreiben, denn unter dem Punkt „Ideen“ konnte ich sie dort nicht finden).

Meine Motivation für diesen Post ist simpel: Ich möchte der Jungen ÖVP (und im weiteren Sinn auch allen anderen Parteien – ich bin jetzt nur zu müde um mir zur Ergänzung deren passende Beispiele rauszusuchen) mitteilen, dass mir die Art und Weise auf die Nerven geht, wie solche Fälle kommuniziert werden. In der Politik hat man sich offensichtlich abgewöhnt, sich einig zu sein. Es reicht nicht, wenn alle eine Idee einfach gut finden. Stattdessen: Feinster Polithickhack. Alle müssen so tun, als würde die Welt sich ohne sie nicht weiter drehen. So wird versucht, jedes noch so logische Projekt zu vereinnahmen.

Doof

Kommt man sich beim stupiden Aufsagen von offensichtlich Zurechtgedrehtem eigentlich blöd vor? Als Empfänger solcher Behauptungen fühle ich mich jedenfalls in meiner Intelligenz beleidigt. Ich bin sicher, dass das marketingtechnisch Sinn ergibt. Wahrscheinlich bleibt langfristig dann einfach nur in Erinnerung: „Die JVP war damals für das W-LAN. Superdufte, diese geilen Leute“. Wir sind ja schließlich alle vergesslich. Aber jetzt gerade … jetzt nervt es. Es ist ermüdend, wie durchschaubar und billig der Versuch ist. Und wer weiß? Vielleicht bleibt mir langfristig auch in Erinnerung, dass man mich bei der JVP anscheinend für deppert hält. Es ist tricky, dieses menschliche Gedächtnis. Man weiß nie so genau was es tun wird.

Liebe JVP. Wenn ihr mir weißmachen wollt, dass öffentliche W-LAN-Spots niemals ohne die Jugendorganisation einer in Wien marginalisierten Oppositionspartei zustande gekommen wären (obwohl ihr es noch nichtmal auf eurer Webseite stehen habt), dann … dann vergesst das bitte schnell wieder. Es gibt keinen noch so talentierten Spin-Doktor auf dieser Welt, der das schafft.

Hättet ihr in euren Aussendungen und Kampfposts so nebenbei erwähnt, dass ihr die Idee gut findet und auch schon vor einiger Zeit hattet, wäret ihr mir in dieser Causa positiv in Erinnerung geblieben. Stattdessen lassen sich eure Vertreter in jedem Facebookpost auf diesen ermüdenden Politzirkus ein und ich gehe in geistige Opposition zu euch, wo ich eigentlich eurer Meinung bin. Ich finde diese Momente unserer Einigkeit sind zu rar, um sie so leichtfertig zu zerstören.

Und die Moral von der Geschicht: Wer mich nicht ernstnimmt, kriegt mich nicht.

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