„Das Wunder von Afrika“ prangt groß unter den Aufmachergeschichten von oe24.at, dem Onlineportal der Tageszeitung „Österreich“. Schwer emotional wird die Geschichte des sieben Monate alten Minhaj geschildert, der von seiner Mutter gegen widrigste Umstände in ein kenianisches Flüchtlingslager gebracht wurde. Er gibt, so der Artikel, der Hungerkatastrophe nun ein Gesicht.
Und das tut er auch im Artikel, sind doch drei Fotos von Minhajs eigens in einer Bildergalerie eingebunden. Seine Schwester hat den langen Marsch nicht überlebt, er selbst soll mittlerweile auf dem Weg der Besserung sein. Der Artikel schließt mit einer UNO-Statistik, die in Ziffern fasst, was kaum in Worte passen mag.
„ÖSTERREICH hat deshalb mit Caritas und Nachbar in Not eine Spendenaktion gestartet.
HEUTE IN ÖSTERREICH: DER ERLAGSCHEIN FÜR IHRE AFRIKA SPENDE! HEUTE ÖSTERREICH KAUFEN UND WAS GUTES TUEN [sic!]. BITTE SPENDEN SIE.“
Dieser aus der Printausgabe übernommene Artikel ging heute morgen online. Ergänzt ist er um die zitierten zwei Zeilen in durchgehender Großschrift. Es ist ein Aufruf, die Papierversion von „Österreich“ zu erwerben, weil dort ein Spendenerlagschein beigelegt ist.
Das instrumentalisierte Hungeropfer
Interessant ist, dass sowohl auf der Caritas-Webseite als auch am Auftritt von „Nachbar in Not“ nur der ORF als Partner genannt wird. Weit und breit kein Wort jener Zeitung, die mit ihren Worten suggeriert, die Initiative wäre von ihr ausgegangen. Ich schließe eine Zusammenarbeit trotzdem nicht aus, womöglich offenbart die Printausgabe mehr.
Geradezu pervers ist jedoch der Kauf-Aufruf für selbige, für welchen der Erlagschein ganz offen als Anreiz herangezogen wird. Kein Wort darüber, ob ein Teil des Erlöses aus dem Zeitungsverkauf aufs Spendenkonto wandert, obwohl man mit dem Erwerb etwas „Gutes tun“ soll. Man hätte den Zahlschein auch einfach als PDF zum Download anbieten können. Oder – noch einfacher – auf die Möglichkeit des Online-, Telefon- oder SMS-Spendens verweisen können, die „Nachbar in Not“ anbietet. Der gute Zweck wäre leicht erfüllbar gewesen.
Doch „Österreich“ geht mit Minhaj lieber auf Käufer- statt auf Spendenjagd. Der Hunger in Ostafrika wird zum Mittel der Auflagensteigerung, weit über das hinaus, was wir von reißerischen Schlagzeilen und dramatischen Bilder bereits gewohnt sind.