Einen „grauslichen Wahlkampf“ (Zitat Michael Häupl) erwartete die Wiener SPÖ. Und abgezielt war das ursprünglich wohl auf den Wahlkampfstil der FPÖ, deren Obmann ja den Bürgermeistersessel beansprucht. Impliziert hat diese Aussage auch, dass die hiesigen Sozialdemokraten auch vorhätten, in fairer Weise um die Wählergunst zu buhlen. Doch daraus ist nichts geworden – und in Wien bahnt sich Rot-Schwarz an.

Wer fürchtet sich vor Schwarzblaugrün?

„Rotgrün“, so einer der Slogans der Wiener Grünen. Und damit einhergehend eine Brechung der roten Absoluten. Und dem nicht genug, einigte man sich mit der Opposition auf die Forderung einer Wahlrechtsänderung. Und – Überraschung – zu jenen Parteien, die sich im Wiener Gemeinderat in nichtregierender Gegnerschaft finden, zählt auch die FPÖ.

Was die SPÖ daraus macht, beansprucht nun seit einiger Zeit schon die Nerven verschiedener grüner Repräsentanten im Internet. Bekannte Köpfe der SP-Stadtpartei, etwa Peko Baxant – deuten eine schwarz-blau-grüne Koalition nach den Wahlen an und machen fleißig Lärm auf der Gefahrentrommel. Ein Sujet der Wiener Grünenobfrau Maria Vassilakou wurde virtuell mit einem „Sag JA zu HC STRACHE“ Sticker verziert.

Wie professionell diese Vorgangsweise ist, mag ich nicht beurteilen. Glaubwürdig ist sie jedenfalls nicht, dafür aber schmutzig. Und viel wichtiger: Dass die SPÖ die sehr indirekte Umarmung durch die Grünen sehr barsch zurückweist, deutet auf die Rot-Schwarze Präferenz hin, die Häupl ja nachgesagt wird. Die kontinuierlich hergestellte Verbindung zwischen Grün und Blau schließt beide nämlich erstmal öffentlich aus dem Kreise bevorzugter Koalitionspartner aus.

Back to Black

Immerhin hat man darin Übung. 1996, in der ersten Wahl mit Häupl als Stadtobmann, fiel die SPÖ in ihr bisher schlechtestes Wahlergebnis in der Bundeshauptstadt. Nur 39,2% der Wähler machten ihr Kreuz damals bei der SPÖ – es folgte die Wiener Variante der Großen Koalition.

Und das funktionierte – wenn auch klar bedingt von der miesen Performance der FP Bundespartei und den damit zurückkehrenden Wählern – zufriedenstellend. 2001 stellten die Sozialdemokraten wieder die Mehrheit an Mandataren – und jetzt sind wir beim Grund für die angestrebte Wahlrechtsänderung – bei 46,9% Stimmanteil.

Die Angst, nach Links auszulaufen

Womit wir wieder am Anfang wären und feststellen können: Die SPÖ ist sich des Verlusts der Absoluten selbst ziemlich sicher und weiß auch, dass der Abfluss zur FPÖ kaum zu bremsen sein wird. Also versucht man das „Grüne Leck“ abzudichten und die Basis für eine „GroKo“ zu legen.

Was mir wiederum sagt, dass die „Wiener Sozis“ (Zitat Baxant) gehörig Angst vor den Grünen haben, die in den letzten Gemeinderatswahlen stets gestärkt hervorgingen. Und es sagt mir, dass Wien Rot-Grün wohl dringend nötig hat, denn Rot-Schwarz wäre aus meiner Sicht Stillstand auf niedrigem Niveau.

Stillstand, den diese lebendige Weltstadt nicht verdient hat.

Georg Pichler ist seit 2007 Parteimitglied der Grünen und seit 2010 Mitglied der Grünen Wien

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