Damit Menschen mit Dingen wie Kleidung handeln können, muss der Nackte irgendwie zum Schneider. Deshalb hat der Staat Straßen gebaut. Das hat den Menschen im Laufe der Zeit ziemlich viel gebracht, denn eine ordentliche Infrastruktur ist der Grundstein für wirtschaftliche Entwicklung.

Seit Maria Theresia muss auch jedes Kind in Österreich in die Schule gehen, bezahlen tut das der Staat. Denn wenn der kleine Stevi früh lesen und schreiben lernt, dann fallen ihm später vielleicht einmal tolle Dinge ein, wie das iPad zum Beispiel. Wir könnten auch ohne iPad leben, aber irgendwie hat das schon Sinn mit der Schule.

In der Ökonomie spricht man von öffentlichen Gütern, wenn eigentlich alle etwas davon haben und keiner dafür zahlen will. Denn wieso soll ich Geld für eine Wurstsemmel hinlegen, von der jeder abbeißen kann? Positive externe Effekte nennt man in Fachkreisen das Beispiel mit der Schule. Die kostet zwar etwas, und das muss auch jemand bezahlen (der Steuerzahler). Aber am Schluss schaut für alle viel mehr heraus, wenn wir viele schlaue Stevis haben.

Eine Demokratie braucht funktionierende Redaktionen

Inspiriert von einer Diskussion mit Michel Reimon und einem Vortrag von Armin Wolf frage ich jetzt: Ist nicht der Journalismus auch so etwas wie die Straße oder die Schule? Thomas Jeffersion hat dazu einmal folgendes gesagt:

“The basis of our governments being the opinion of the people, the very first object should be to keep that right; and were it left to me to decide whether we should have a government without newspapers or newspapers without a government, I should not hesitate a moment to prefer the latter. But I should mean that every man should receive those papers and be capable of reading them.“

Eine funktionierende Demokratie braucht funktionierende Redaktionen. Wenn sich letztere aber nur mehr „He-said-she-said“-Journalismus leisten können oder ihre Mitarbeiter so schlecht bezahlen müssen, dass die fähigen Leute massenhaft in andere Branchen pilgern, dann ist, es sei mir verziehen, die Kacke am Dampfen.

Man verstehe mich nicht falsch: Der Mediensektor ist in einem großen Umbruch, viele Medien werden einfach sterben. Und das ist noch nicht einmal schlecht, denn schlichten „A, B und C ist passiert“-Journalismus braucht es in einer Welt von gratis Online-Medien, Social Media und Blogs nicht mehr. Wirklich gute Blätter wie die NY Times oder der Economist werden auch in Zukunft ohne größere Probleme ihr Geschäftsmodell aufrechterhalten können.

Aber was heute passiert ist nicht die berühmt berüchtigte „schöpferische Zerstörung“ Schumpeters, sondern der Wegfall von Ressourcen, die in dieser Branche vermutlich für immer verloren sind. Wer Interesse an Medienvielfalt und kritischen, gut ausgebildeten Redaktionen mit Zeit für ordentliche Recherche hat, sollte sich daran stoßen.

Her mit der Marie

Wenn es der Markt also nicht schafft, ein Gut ausreichend zur Verfügung zu stellen, an dem die Gesellschaft als ganzes großes Interesse hat oder das ihr Funktionieren erst gewährleistet, dann kommt der Staat ins Spiel. Der ist jetzt auch schon mit dabei, und zwar mit der in Österreich etwa 10 Millionen € umfassenden Presseförderung. Das ist nicht sonderlich viel. Verglichen mit dem Umsatz der Mediaprint oder der Styria etwa (beide haben 2011 gut 460 Millionen € umgesetzt) ein gern zitierter Lercherlschas.

Stimmt man überein, mehr Steuermittel für den Journalismus in die Hand zu nehmen, stellt sich die Frage, wie diese dann verteilt werden sollen. Was ist förderungswürdiger Journalismus? Jedenfalls bietet sich die Einhaltung bestimmter Kriterien an, etwa des Ehrenkodex des Österreichischen Presserats. Auch ist die Einrichtung eines Pots denkbar, der klar definierten Bereichen wie etwa der Förderung des investigativen Journalismus gewidmet sein könnte.

Was denkt ihr? Braucht es mehr Steuermittel für den Journalismus? Wie sollten diese Mittel verteilt werden? Ich freue mich auf euren Kommentar.

Joachim Losehand hat mit einem kritischen Artikel auf meinen Text reagiert.

Bild © Christian Pohl / PIXELIO

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