Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir besetzen das Audimax nun bereits den neunten Tag. Viele von uns sind müde und gerade haben wir den Erfolg hinter uns, eine der größten österreichischen Demos des Jahrzehnts auf die Beine gestellt zu haben. Da fällt Spannung ab, da ist es nötig, sich langsam wieder auf Neues zu konzentrieren. Wir sollten nicht in einen Wahn verfallen, bei dem wir uns an jedem Tag zu übertreffen versuchen. Nur mit der nötigen Gelassenheit kommen unsere Erfolge. Verkrampftheit schwächt uns.

Nehmen wir uns einen Tag zum Durchschnaufen, wenn wir müde sind. Der Protest funktioniert im Großen und Ganzen sehr gut. Aber es ist klar, dass manche etwas Zeit für sich und Rast brauchen. Niemand kann uns daran hindern, diese Zeit zu beanspruchen. Gut, dann funktioniert die Infrastruktur halt einmal für einen Tag nicht so gut. So what? Dann müssen die Medien halt einmal zwei Stunden auf eine Entscheidung warten. Das eine Mal, wo sie dann vielleicht auf uns verzichten, wird uns nicht umwerfen. Längst hat unser eigener Stream genug Einschaltquoten um massenhaft Menschen zu mobiliseren. Längst haben wir neben unserer Uni auch unsere eigene Öffentlichkeit geschaffen.

Die 40 oder 50.000 Menschen kamen nicht wegen den Medien, sondern wegen unserer Sache.

Ich halte es für wichtig für die Bewegung, dass die Menschen hier nicht übermüdet sind und dann wegen Kleinigkeiten aufeinander losgehen. Aus Müdigkeit folgt Unzufriedenheit, aus Unzufriedenheit folgt Kleingeistigkeit. Es ist genau das, was wir hier bekämpfen. Es ist unsere Offenheit, Besonnenheit und Gemeinsamkeit, die uns stark macht und vor der die Politik so sehr zittert.

Wir sind viele. Aber wir sind nicht so viele, dass wir den Hörsaal C1 besetzen sollten. Was bedeutet die Besetzung eines Hörsaales für uns? Es bedeutet einen Raum zu befreien – für Austausch, Diskussion, Treffen, Feiern, Entspannung und der Gemeinsamkeit. Dieser Raum ist das Audimax. Hier können wir all das tun. Der Sinn der C1-Besetzung erschließt sich mir nicht. Ich rufe die Leute von dort auf, wieder mit uns zusammen zu kommen.

Alle Besetzungen die über diese Bedürfnisse hinausgehen, sind das was uns manche unserer Kommilitonen und Kommilitoninnen zu unrecht vorwerfen: Pures Blockieren. Wäre man fies, könnte man es auch Dekadenz nennen. Unsere Besetzung ist doch eine Befreiung, kein Trotz.

Es ist eine irrsinnige Belastung für unsere Bewegung, innerhalb von wenigen hundert Metern an derselben Universität zwei komplette Infrastrukturen aus dem Boden zu stampfen. Zwei Küchen. Zwei Plenarsäle. Zwei Technikabteilungen. Zwei Kommunikationsabteilungen. Das bindet Kraft und kostet Zeit, die wir uns nicht selbst nehmen sollten. Holt die Leute zurück.

Dies ist unser Raum. Und damit er das sein kann, muss man Kompromisse eingehen – die aber nicht wirklich weh tun müssen. Im C1 ist Rauchverbot und er ist deshalb auch weniger anstrengend. Es sollte nicht so sein, dass Nichtraucher nach über einer Woche Besetzung bereits einen Raucherhusten entwickeln. Nehmt Rücksicht. Geht nach draußen wenn ihr zwischendurch rauchen wollt. Setzt euch auf die Galerie, wenn ihr es den ganzen Abend tun möchtet.

Es geht mir nicht darum jemandem etwas zu verbieten. Wenn Rauch etwas angenehmer und vor allem nicht schädlich und auf Dauer kraftraubend wäre, könntet ihr meinetwegen alles zunebeln. Aber ich kenne Menschen, die deshalb nicht oder selten hierherkommen und die deshalb nicht hier übernachten, weil sie es nicht vertragen oder aushalten. Es geht doch darum einen Raum zu haben, in dem sich alle wohl fühlen können.

Es ist auch nicht nötig für Partys auszuweichen. Sie gehören zu unserem Protest dazu und sollten nicht aus unserem gemeinsamen Raum ausgegrenzt werden. Es ist nicht verwerflich, dass es sogenannte „Party-Touristen“ gibt. Nicht alle sind dazu geschaffen, politische Aktivisten zu sein. Wer hierher kommt, unterstützt uns damit auch bereits. Es gäbe andere Orte in Wien um zu tanzen. Wer hier tanzt, gehört zu uns.

RSS-FeedSolange diese Personen sich an zwei Dinge halten.
Erstens: Die Verantwortung, dem Protest nicht zu schaden – etwa durch Vandalismus an UNSERER Uni oder eine sonstige grauenhafte Außendarstellung.
Und zweitens: Die Verantwortung, am Ende noch einmal 5 Minuten mit anzupacken um den entstehenden Mist zu beseitigen.

Sich nicht aus der Verantwortung zu stehlen, sondern Solidarität zu zeigen damit es alle gut haben. Das ist das ideologische Grundgerüst unserer Bewegung.

Danke.

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