Als Wissenschaftsministerin Beatrix Karl zum ersten Mal Zugangsbeschränkungen bei Universitäten mit den begrenzten Kapazitäten eines Opernhauses verglich, war ich eher amüsiert als bestürzt und tat es als schlechtes Beispiel ab. Die Analogie entbehrte für mich einfach jeder Logik und jedem Erkenntnisgewinn. Im Interview mit dem Standard hat Karl ihre Aussage nun in etwas abgewandelter Form wiederholt.

„Zur Chancengleichheit: Kapazitäten sind in vielen Bereichen begrenzt, denken Sie etwa an Opern- oder Konzerthäuser. Da gibt es auch ein bestimmtes Kontingent – trotzdem würde niemand sagen, dass wir deshalb einen beschränkten Zugang zu Kunst und Kultur haben. Es gibt begrenzte Kapazitäten, und das muss man akzeptieren.“

Inzwischen finde ich es gar nicht mehr lustig. Denn anscheinend verrät diese „schlechte Analogie“ mehr über das Weltbild der Ministerin, als ich zuerst dachte. Darum möchte ich mich noch einmal diesem Thema widmen, in etwas anderer Form als beim ersten Mal.

Zugang zu Kunst und Kultur

Der Zugang zu Kunst und Kultur in Österreich ist beschränkt. Opern-, Konzert- und Theaterkarten sind teuer. Vergünstigte Angebote für Studierende, etc. werden meist nur in einem bestimmten Kontingent oder als Restplätze angeboten. Wer sie haben will muss in der Lage sein spontan zu entscheiden und sich an Wartelisten und lange Schlangen gewöhnen. Mir fehlen die Daten um es zu belegen, aber aus persönlicher Beobachtung bin ich überzeugt, dass Opern- und Theaterbesucher zum überwiegenden Teil aus besser gestellten Schichten kommen. Das finde ich schade und auf keinen Fall eine zu akzeptierende Situation.

Trotzdem habe ich noch nie das Burgtheater besetzt, um den Abbau dieser finanziellen Zugangsbeschränkungen zu fordern. Warum? Weil ein verpasster Theaterbesuch nicht das restliche Leben beeinflusst. Wer sich die Staatsoper nicht leisten kann, geht eben woanders hin. Oder bleibt zu Hause und sieht sich einen Film im Fernsehen an. Wer sich Bildung nicht leisten kann, bleibt hingegen auf der Strecke.

Soziale Selektion als Argument

In einem weiteren Interview forderte die Ministerin schließlich „Motivationsprüfungen“ in allen Studienrichtungen und wiederholte ihr Argument, dass Massenstudien soziale Selektion fördern, da jene mit mehr Geld den „längeren Atem“ hätten. Ich kann mir im Moment unter einer „Motivationsprüfung“ nicht viel vorstellen, wer darüber mehr weiß, bitte, meldet euch bei mir!

Zur Frage der sozialen Selektion bin ich aber selbst manchmal gespalten. Befürworter und Gegner von Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren argumentieren damit. Meist mit dem Nachsatz, dass dieses Problem in Österreich sowieso nicht auf Hochschulebene zu lösen sei, da schon das Schulsystem hier versagt. Das Argument, dass Zugangsbeschränkungen soziale Selektion abbauen würden, hat aber einen schwerwiegenden Denkfehler.

Der Abbau von sozialer Selektion sollte nicht über die Verringerung der Studierenden aus sozial besser gestellten Familien funktionieren. Österreich hat zu wenige AkademikerInnen , darüber sind sich fast alle einig. Soziale Selektion sollte durch Erhöhung der Studierenden aus sozial schlechter gestellten Familien abgebaut werden.

Das Problem mit der Umverteilung

Oft wird argumentiert, dass ein kostenloser Universitätszugang eine Umverteilung von unten nach oben darstellt. Das ist wohl tatsächlich so, allerdings Folge und nicht Ursache sozialer Selektion in unserem Bildungssystem. Es ist logisch, dass ein, durch Steuern finanziertes, sozial selektives, kostenloses Angebot zur Umverteilung von unten nach oben führt. Das zu lösende Problem ist also soziale Selektion und Studiengebühren sind nicht zwangsläufig das beste Mittel dagegen.

Bei einem schlecht funktionierenden Stipendiensystem verschlimmert sich das Problem sogar noch und ein wirklich gut funktionierendes Stipendiensystem ist anscheinend ziemlich schwer zu realisieren. Einfacher wäre es, dem Umverteilungsproblem mit steuerlichen Maßnahmen entgegenzutreten. Damit könnten gezielt finanziell besser gestellte Schichten zur Finanzierung der Universitäten herangezogen werden und gleichzeitig würden vielen jungen Menschen Konflikte mit ihren Familien über die Finanzierung ihres Studiums erspart werden.

Um aber wieder zurück zum Opernhaus zu kommen: sozial selektiv verteilte begrenzte Kapazitäten, sind weder im Kultur- noch im Bildungsbereich zu akzeptieren. Solange wir aber noch weit von den berühmten 2% des BIP entfernt sind und regelmäßig auf den AkademikerInnenmangel hingewiesen werden, sollten wir im Bildungsbereich nicht einmal die begrenzten Kapazitäten selbst akzeptieren.

Denn erst wenn wir anständig finanzierte Universitäten mit ordentlich bezahlten Lehrenden haben, AkademikerInnen-Zahlen die zumindest dem Durchschnitt der Europäischen Union entsprechen (wobei wir als siebentreichstes Land der Welt wohl höher zielen sollten) und unsere Universitäten immer noch überfüllt sind, müssen wir uns über (sozial gerechte) Zugangsbeschränkungen Gedanken machen.

Grafik Staatsoper: Heikenwaelder Hugo, wikipedia commons

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