Eine altbekannte Koalition hat sich – polemisch gesagt – bei der heutigen Biundespräsidentschaftswahl unter jenen gebildet, die der Wahlurne fern geblieben sind. Einen großen Anteil stellen FPÖ-affine Nichtwähler, nach schwarzen und orangen Wahlverweigerern finden sie sich auf Platz 3 dieser wenig schmeichelhaften Rangliste wieder.

Dass Rosenkranz ihr eigenes Ziel von 17% (um die bisher erfolgreichste FPÖ-Präsidentschaftskandidatur zu liefern) und die 35%-Vorgabe ihres Parteichefs erst recht verfehlt hat, fällt ganz bestimmt nicht auf eine herbeifantasierte Hexenjagd zurück. Sondern auf einen für FP-Verhältnisse erstaunlich defensiven Wahlkampf und die Kandidatin selbst.

Fehlstart der „Reich Mother“

Die „Reichsmutter“, so ihr von der englischen Presse auserkorene Name (Eins, ZweiDrei, Vier), sprach nämlich schlicht und einfach das wichtigste Potential der FPÖ nicht ausreichend an: Die Protestwähler. Gleich zu Beginn des Wahlkampfs leistete sich mit ihren Aussagen zum Verbotsgesetz in der Pressestunde einen erheblichen Schnitzer in dessen Folge die Krone eine eidesstattliche Distanzierung einforderte und postwendend bekam.

Die Unterstützung für Rosenkranz wurde vom Dichandblatt trotzdem deutlich zurückgefahren, was sich aufgrund der „gegen die da oben“ Blattlinie merkbar ausgewirkt haben könnte. Ebenso wie die deutliche Kritik der sonst nicht so zimperlichen ÖVP.

Abwehrschlacht

Das brachte zudem die FPÖ entgegen ihrer sonstigen „Voll drauf“-Wahlkämpfe, in deren Mittelpunkt sie ihre markigen Sprüche stellen konnte, plötzlich in die Defensive. Immer mehr wurde über die Kandidatin bekannt, immer mehr war sie zum Rechtfertigen verdammt, statt auszuteilen. Wenig verwunderlich, dass Strache & Co verzweifelt nach allen Nebelgranaten griffen, die sie kriegen konnten – etwa den angeblichen „Am Schauplatz“-Skandal des ach so bösen Staatsfunks.

Die blaue Präsidentschaftskandidatin von den Titelblättern zu kriegen gelang aber nur phasenweise und hatte den Nachteil eines leichten Präsenzdefizits ihrer Themen (nicht ihrer Person, die machte ihr nämlich Strache streitig).

Rosenkranz war in diesem Wahlkampf „Verbotsgesetz“. Nicht „Familie, Heimat, Sicherheit, EU“ und auch nicht „Christentum“. Dass an diesem Branding die Medien Schuld gewesen wären, war vielen Protestwählern nicht glaubhaft vermittelbar – und Rosenkranz‘ Potential hätte ich zu Beginn durchaus auf 20% oder etwas mehr eingeschätzt. Die FPÖ-Präsidentschaftsanwärterin war nicht mehr als Denkzettel für die Großparteien wählbar, sondern nur noch für die geschätzten 10% Stammwähler und jene, die ihren Protest über den heiklen Themenbereich „Nationalsozialismus und Verbotsgesetz“ stellten.

Nur Schwert, kein Schild

Die FPÖ hat schlichtweg keine Mittel mehr, wenn in ihrer Defensivhaltung das Anpatzen von politischen Gegnern und Medien nicht funktioniert. Sie ist die Partei frustrierter Großparteiwähler, sie lebt von der Opposition gegen und der Kritik an ihnen. Und das ist oft keine Frage der Inhalte, die sie gebraucht hätte um aus dem Eck wieder heraus zu kommen, in das man sie (zurecht) gedrängt hatte.

Und es setzt sich fort, wie Strache gestern bei „Im Zentrum“ am Abend eindrucksvoll bewies, als er sich vor zwei ernsthaften Politikern zum Clown machte in dem er es wieder auf die selbe Tour probierte.

Es zeichnet sich ab, dass auch die nachträgliche Beschönigung des Wahlergebnisses mittels des Hexenjagd-Wordings nicht erfolgreich sein wird. Das heisst nicht, dass das ORF- und Zeitungsbashing der blauen Parteizentrale gar nicht funktionieren würde. Es reicht nur nicht aus um vom eigenen, unpassenden Angebot und Versagen abzulenken.

Die Bundespräsidentschaftswahl 2010 hat unerwartet die wahltaktischen Grenzen der Freiheitlichen aufgezeigt. Ich bin gespannt, was die anderen Parteien daraus lernen.

Foto via phs

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