Heinz Fischer ist weiterhin Bundespräsident. Etwa 80 Prozent der WählerInnen wollten das so (oder zumindest nicht, dass Barbara Rosenkranz oder Rudolf Gehring auch nur in die Nähe dieses Amts kommen). Ich hatte befürchtet, dass das Ergebnis für die beiden Rechtsaußen bei einer geringen Wahlbeteiligung scheinbar besser ausfallen könnte. Der seltene Pessimist in mir hat (wieder einmal) verloren. Trotzdem ist nicht der Sieger, sondern die Wahlbeteiligung im Moment das mediale Hauptthema.
Die politische Konkurrenz sprang auf diesen Zug sofort auf (nachdem sie ihn vorher anschob) und versucht eifrig den Präsidenten zu schwächen. „Ein unspektakuläres Ergebnis“ will Fritz Kaltenegger für die ÖVP erkennen (die bei dieser Wahl 0 Stimmen erhalten hat). Und Karlheinz Kopf interpretiert, für den „SPÖ-Kandidaten“ hätte die Mobilisierung der Sozis versagt.
Der Spin der Volkspartei schreit förmlich nach der Hoffnung, das ihr Blödsinn nicht hinterfragt wird. Die Wahrheit ist: Obwohl die Wahlbeteiligung im Vergleich zur letzten Präsidentschaftswahl um 1,2 Millionen Stimmen sank, bekam Heinz Fischer um 120.000 Stimmen mehr als 2004. Damals hatte er also mit deutlich weniger Stimmen eine hochkarätige Gegnerin aus der ÖVP geschlagen.
Das Gegenteil ist wahr
Dieser Präsident ist arithmetisch heute so gut legitimiert wie nie zuvor. Es ist nicht Heinz Fischers Schuld, dass Gegnerin und Gegner nicht attraktiv genug für eine ansprechende Wahlbeteiligung waren. Das ist eher die Schuld einer Großpartei, die aus Angst vor einer Niederlage niemanden aufstellt, und dann ihre Wählerschaft auch noch zu demobilisieren versucht. Fischer hätte allenfalls einen aggressiveren Wahlkampf führen können (hätte mir persönlich gefallen, hätte aber wohl eher zu weniger Stimmen geführt – aber das ist eine andere Geschichte).
Beruhigend ist, dass die WählerInnen der Volkspartei keineswegs so seltsam sind, wie die sichtbarsten Teile „ihrer“ Partei. Sie halten nichts von der Äquidistanz, die von der Parteispitze (mit viel Anstrengung und medialem Aufwand, also sehr bewusst) zwischen Rosenkranz und dem „genauso wenig wählbaren“ Fischer (Zitat Ernst Strasser) eingenommen wurde.
Die Mehrheit der SchwarzwählerInnen (580.000) konnte sich zwar nicht zur Wahl eines unzweifelhaften (wenn auch im tiefsten Inneren roten) Demokraten durchringen, doch ein fast ebenso großer Teil hielt dies für vernünftig – und nur ein verschwindend geringer Anteil konnte mit dessen fragwürdiger Konkurrenz etwas anfangen. Doch die Nichtwählenden sind keine einheitliche Gruppe und ein nicht allzu kleiner Teil wird wohl vorrangig sauer sein, von der ÖVP kein Angebot bekommen zu haben.
Die WählerInnen machens anders
Von den 1,2 Millionen WählerInnen, die 2008 bei der Nationalratswahl die Volkspartei ankreuzten (übrigens eine Million Menschen weniger als bei Fischer), wählten 550.000 Heinz Fischer (und ignorierten damit die religiösen Einwände der Innenministerin Maria Fekter) , 80.000 Rudolf Gehring und nur 60.000 Barbara Rosenkranz (SORA-Analyse).
Die ÖVP rutscht ihren WählerInnen nach rechts davon. Wer von Fischer und Rosenkranz gleich weit entfernt ist, kann innerhalb der ÖVP-Wählerschaft ruhigen Gewissens als radikal bezeichnet werden, sitzt in der Partei aber in hohen Positionen. Und weil solche Leute viel zu laut schreien und dafür viel zu viel Aufmerksamkeit bekommen, schließe ich mit den Worten eines anderen, der in seiner Partei im Moment eher ein Außenseiter ist, aber unter den Wählern im Mainstream liegt: „Das Wahlergebnis ist, was die Verteilung der Prozentsätze auf die Kandidaten betrifft, ein gutes Ergebnis für Österreich und die EU.“ (Othmar Karas)
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