Leser K. fragt uns über das Kontaktformular auf unserer Startseite: „Die ÖVP hat nach der Wahl in der Steiermark gesagt, noch nie sei ein Bundesland nach dem Verlust des Landeshauptmannes sofort wieder zurückgeholt worden. Stimmt das?“ Wie gewohnt: Unsere hochverehrten Leser fragen, wir antworten.

Das Argument der ÖVP nach ihrer Wahlschlappe am Wochenende ist natürlich schon grundsätzlich lustig. Nur weil etwas bisher noch nicht passiert ist, ist das ja kein Grund, dass es niemals passieren kann. Sieht man sich die Fakten an, macht diese Logik aber gleich noch weniger her.

Zwar hatten manche Bundesländer kurz nach der Befreiung Österreichs provisorische Landeshauptleute in anderen Farben als heute gewohnt, allerdings wurden die vorerst nicht gewählt. In neun österreichischen Bundesländern hat in der zweiten Republik in fünf noch überhaupt nie durch eine Wahl der Chefsessel die Farbe gewechselt. Oberösterreich (VP), Niederösterreich (VP), Tirol (VP), Vorarlberg (VP) und Wien (SP) sind per Volksentscheid seit 1945 in derselben Farbe wie heute.

Einen „Richtungswechsel“ kennt man demnach nur aus vier Bundesländern, das turbulenteste davon ist Kärnten. 1989 verloren die Sozialdemokraten die Macht an Jörg Haider. Dessen FPÖ erhielt zwar deutlich weniger Stimmen als die SPÖ (29 vs. 46), allerdings hievte die ÖVP (20%) ihn an die Macht. 1991 musste er den Sessel wieder räumen, nachdem er die nationalsozialistische Beschäftigungspolitik lobte und die Unterstützung der ÖVP verlor. Christof Zernatto wurde mit Unterstützung der SPÖ Landeshauptmann, obwohl die ÖVP bei der Wahl weniger als halb so viele Stimmen wie die SPÖ einfahren konnte. Ein Bild, das sich bei der nächsten Wahl wiederholte. Erst bei der Wahl 1999 bekam Haider mit der FPÖ mehr Stimmen als alle anderen Parteien und sein Sesserl wieder zurück. Wenn man den Farbwechsel FPÖ-BZÖ außen vor lässt, hat Kärnten also per Votum einmal die Farben gewechselt.

In Salzburg übernahm Gabi Burgstaller 2004 als erste Sozialdemokratin die Landesherrschaft. Das Burgenland wurde – man glaubt es angesichts der heutigen roten Dominanz kaum – bis 1964 schwarz regiert. Der Sozialdemokrat Hans Bögl übernahm den Chefsessel von Josef Lentsch. Und in der Steiermark war es bekanntermaßen erst 2005 Franz Voves (SPÖ), der die zerstrittene ÖVP ihrer traditionellen Führungsrolle beraubte.

Wir notieren: In österreichischen Bundesländern wählte die Bevölkerung erst vier Mal per Mehrheit eine neue Landeshauptleute-Partei. Drei dieser Experimente stammen aus den letzten 11 Jahren. Das ist jedenfalls kein allzu großes Sample, um daraus eine Regel für das Wählerverhalten nach einem Wechsel abzuleiten.

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Fotocredits: marfis75, CC2.0-BY-SA

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