Wir hätten es wissen müssen! Dass die SPÖ in Sachen Studiengebühren einen vermutlich längst überfälligen Bauchfleck hinlegt, war absehbar. Ganz ohne Zugang zu den Entscheidungsträgern selbst, war es seit Wochen zu sehen, wenn man nur genau genug hingesehen hat.
Zwei Indikatoren sprachen dafür:
Zuerst die Polemik: Die sozial… demokratische… Partei ist schon knappe zwei Wochen (Schätzung!) nicht mehr radikal von ihren Versprechen und/oder Werten abgewichen. Das schrie förmlich nach einer Weihnachtsüberraschung aus der Löwelstraße. Und nachdem man viele Studierende im Budget mit der Kürzung von tausenden Euro pro Person bereits grantig gemacht hat, konnte man die ruhig noch ein bisserl weiter anstacheln. Immerhin sind die in Österreich beim Protestieren ja eh lieb und machen höchstens den eigenen Hörsaal kaputt.
Jetzt der politische Indikator: Die Grünen haben von einem bevorstehenden Kuhhandel anscheinend schon vor Wochen Wind bekommen. Sie haben sich öffentlich – PR-technisch patschert wie es allein ihnen zusteht – deshalb schon damals darüber gesprochen, was alles als Begleitmaßnahme zur eigentlich abgelehnten Maßnahme nötig würde umd die soziale Last abzufedern. (Nochmal zum Genießen: Statt ein Protestfeuer zu entfachen haben die Grünen sich Prügel für etwas abgeholt, das sie eigentlich nicht wollen. Ich bin kein PR-Genie, aber dass man eigentlich nicht offensiv über schwer verkaufbare Dinge spricht, die einem Schaden, sollte bekannt sein.)
In Österreichs Politik passiert natürlich wenig aus plötzlicher Einsicht. Die SPÖ hat nicht gestern entdeckt, dass sie Studiengebühren „für Wohlhabende“ (Wording von Bundesgeschäftsführer Kräuter) eigentlich lässig findet. Und welcher Kuhhandel den SPÖ-Umfaller nun unterschriftsreif machen wird, ist von hier an auch nicht mehr besonders schwierig vorherzusagen.
Obwohl die Veröffentlichung der Verhandlungsmitschnitte schon ein sehr interessanter Fall für ein österreichisches Wikileaks wäre (wenn mir (prinzipiell) jemand was Brisantes (natürlich nur Hochlegales) mitteilen möchte, ich hab nix dagegen es zu prüfen…?), hat Bildungsministerin Schmied den „Kompromiss“ bereits in der Debatte nach dem jüngsten PISA-Debakel durchsickern lassen.
In ihrem 10-Punkte-die-man-in-diesem-Land-Programm-nennt-Programm gibt es eine Kleinigkeit, auf die sie sich auch bei Interviews dann gern draufgesetzt hat: Die Aufhebung der 10 Prozent-Grenze des Schulversuchs der Neuen Mittelschule (vulgo: Gesamtschule für Arme).
Die (zugegeben nicht schwierige) Prognose hätte schon vor Tagen lauten können: Die Studiengebühren werden mit SPÖ-Segen „sozial gestaffelt“ ab 2013 kommen, im Gegenzug wird die ÖVP der rechtlichen Deckelung für die Neue Mittelschule abschwören (die kann man ja vielleicht immer noch über das Budget boykottieren). Immerhin steht der zweite Teil noch aus.
Es ist ja sooo schwer zu sagen, welche Wählerschaft der Umfaller der eigenen Partei bei diesen Themen mehr stören wird.