Bei kaum einem anderen Thema sind die Positionen in Österreich so verhärtet, wird mit solch einer Polemik argumentiert und dem ideologischen Gegenüber partout die schlechtesten Absichten unterstellt. Es geht um Studiengebühren, und will man noch ein wenig Öl ins Feuer gießen kann man den Umgang miteinander als Sinnbild politischer Diskussionskultur in diesem Land interpretieren.

Doch zuerst einmal möchte ich auf die Frage eingehen, wieso ich hier schon wieder über Studiengebühren schreibe. Auf diesem Blog ist das schon mehr als einmal getan worden. Ende letzten Jahres auch von mir, als ich mich für ein System nachgelagerter Studiengebühren nach australischem Vorbild eingesetzt habe. Mittlerweile sehe ich das schon wieder etwas anders (messe Argumenten anderes Gewicht bei und sehe vor allem Schuldenrucksack problematischer), habe aber zu Leiden meiner selbst noch keine endgültigen Schlüsse ziehen können. Was bietet sich da besser an, als hier wieder einmal laut nachzudenken, was angesichts der heute beginnenden ÖH-Wahlen, wo das Thema Studiengebühren keine unbedeutende Rolle spielt, auch langsam Zeit wird.

Aber nun genug der einleitenden Worte, lasst die Argumentationsfestspiele beginnen:

Studiengebühren würden den Universitäten mehr Geld bringen, das diese dringend brauchen. Ob deren Lage dadurch aber verbessert würde, hängt von der Reaktion der Politik ab. Ersetzt das durch Gebühren eingenommene  Geld nämlich einfach die bisher aus dem Budget kommenden Mitteln, ändert sich gar nichts. Das könnte man aber im Rahmen eines Kuhhandels zumindest temporär verhindern. Also pro.

Solange studieren in der EU nicht auch flächendeckend kostenfrei und auf ähnlichem Niveau ist, helfen Studiengebühren einen legitimen Beitrag von den sonst natürlich herzlich willkommenen ausländischen Studierenden zu erhalten. Bei aller Solidarität, warum sollte der österreichische Steuerzahler einem Ungarn das Studium finanzieren? Man könnte das aber über einen Automatismus, der über die EU laufen müsste, abfedern. Pro ausländischem Studenten zahlt dessen Heimatland einen bestimmten Beitrag. Bis das gewährleistet ist, gilt das Argument als pro.

Was nichts kostet, ist nichts wert. Wer das Studium nicht ernst nimmt, kann durch Studiengebühren als reiner Kostenfaktor eliminiert werden (wunderschön formuliert, ich weiß). Aber: Verringern Studiengebühren die Anzahl der Studierenden? Im Jahr 2000 verfügte Österreich über 227.948 Studierende, ein Jahr darauf waren es 182.805. Grund dafür, die eingeführten Studiengebühren. Einen Großteil davon dürften aber meiner Einschätzung nach Studierende sein, die lediglich passiv im universitären System waren. Die ihr Studium nicht ernst Nehmenden werden also kaum „verjagt“, was ich sowieso für umstritten halte und das Argument obsolet macht. Die „Bummelstudenten“ sind zu einem großen Teil solche, die aus welchen Gründen auch immer genug Geld haben, soviel Zeit zu verschwenden. Man darf nämlich nicht vergessen, dass mit einem Studium hohe Opportunitätskosten verbunden sind, sprich man auf Gehalt bzw. Lohn verzichtet. Das Argument ist also nicht relevant.

Gebühren dürften anstatt des Verdrängungseffektes von Desinteressierten eher einen sozial selektiven Effekt haben, auch wenn ich das für irrational halte. Die wirklichen Kosten im Studium entstehen nämlich durch Wohnung und die wie oben beschrieben aufgewendete Zeit, in der ansonsten Geld verdient werden könnte. Wie die meisten von uns wissen ist der Mensch aber nicht immer ein durchwegs rationaler und daher sollte man diese Tatsache nicht außen vor lassen. Also contra.

Diese Frage stammt aus dem ATV Am Punkt Spezial zur ÖH-Wahl vom 5.Mai und wirft einen berechtigten Punkt auf. Noch dazu kommen die Studierenden zu einem nicht unwesentlichen Teil aus sowieso wohlhabenderen Häusern. Betrachtet man diesen Aspekt kurzfristig, ergibt die Forderung nach Studiengebühren also durchaus Sinn. In the long run, we are all dead. Langfristig zahlen diejenigen, die finanziellen Nutzen aus ihrem Studium lukrieren (und das sind nicht die wenigsten), die aufgetretenen Kosten durch das progressive Steuersystem aber mehr als zurück. Also ist auch dieses Argument keines für Studiengebühren (über die Umwegrentabilität von tertiärer Bildung darf man mich aber gerne mit Links versorgen).

Eine breite gebildete Masse ist das Herz einer nachhaltig demokratischen Gesellschaft und wichtiges Kontrollorgan für die Politik. Bildung ist die Basis von Innovationen, technischen und vor allem gesesellschaftlichen Entwicklungsprozessen. Man kann also sagen: Wir alle haben Interesse daran, dass soviele Menschen wie möglich so gut gebildet wie möglich sind. Der Streitpunkt liegt hier darin, ob Studiengebühren Menschen denn vom Studieren abhalten. Mir fehlt dazu die Empirie. Viele sagen ja, Minister Töcherle hat anscheinend die Empirie und sagt nein. Ein Ausschnitt aus dem STANDARD-Chat vom 13. Mai:

Das ist meines Erachtens die alles entscheidende Frage. Werden Menschen durch Studiengebühren vom Studium abgehalten? Ist das der Fall, weg mit ihnen. Wenn nicht, dann aufgrund der ersten beiden Pro-Argumente (Geld, Beteiligung ausländischer Studierender): Studiengebühren, ja bitte.

Mir ist aber wichtig zu betonen, dass die zweite Option keine generelle Legitimation von Studiengebühren darstellt, weil die beiden dafür sprechenden Argumente durch die Politik obsolet gemacht werden könnten (und sollten) – also Studiengebühren nein danke. Ich bin also der Meinung, dass Studiengebühren im Prinzip die Daseinsberechtigung fehlt, sie den Status quo in Österreich trotz alldem und angesichts mangelnder Unterstüzung in der Bevölkerung, die die bildungsfeindliche Politik der Regierung erst ermöglicht, aber durchaus verbessern könnten.

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Bild “Hochschule”: © Patrick Wieschollek / PIXELIO

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