Nach den Anschlägen in Paris auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“, eine Druckerei und einen jüdischen Supermarkt hat sich unter viele entsetzte, betroffene und auch dumme Reaktionen ein Cover der aktuellen Ausgabe des Profils geschlichen. „Was den Islam gefährlich macht“, titelte das Magazin. Das alleine ist eine Verallgemeinerung, die mit seriösem Journalismus schon weniger zu tun hat als mit den Sprüchen, die man für gewöhnlich in rechten Blogs und Trollpostings findet.
Aber über die schiere Wortwahl könnte man vielleicht noch hinwegsehen, Provokation ist immerhin ein legitimes Stilmittel. Zusammen mit der Bildsprache (der Text wurde begleitet von einem Bild, in dem die Attentäter von Paris auf einen am Boden liegenden und bereits sterbenden Polizisten schießen und das Wort „Islam“ wurde blutrot gefärbt – es ist also eine Verallgemeinerung die sich mit einem schweren Vorwurf paart) geht sich das in meinen Augen aber alles nicht mehr als journalistisch akzeptabel aus.
Das Cover hat natürlich für Aufregung gesorgt und dem Profil heftige Vorwürfe bezüglich Verhetzung und Rassismus eingebracht. Aber sehen wir einmal von der Frage ab, als was genau man die Titelseite nun bezeichnen möchte oder muss. Es ist schon insofern schlecht, als dass es jeden anderen Zweck als jenen verfehlt, das Profil irgendwie ins Gespräch zu bringen und vielleicht im islamophoben Eck (das ja längst größer als ein kleines Winkerl ist) ein bisschen zu scoren. Das ist aber allenfalls ein „Erfolg“ für das Marketing, nicht für den Journalismus.
Die Redaktion hat nun via Facebook auf die Kritik etwas eingeschnappt reagiert. Man schreibt:
„Der aktuelle profil-Cover „Was den Islam gefährlich macht“ löste in den sozialen Medien stellenweise heftige Reaktionen aus. Diese erfolgten zum Großteil jedoch in Unkenntnis des Inhalts der Titelgeschichte, weshalb wir die Texte online vollständig zugänglich machen.“
Man bettelt nun also die Leser an, doch die Geschichte zu lesen. Die aber fühlen sich vom Cover angewidert, nicht unbedingt vom restlichen Text. Wer hätte das vorher gedacht? Wenn man Leuten erstmal mit dem Hintern voraus ins Gesicht springt, hören sie einem hintennach meistens nicht mehr zu. Das gilt gerade bei sensiblen gesellschaftlichen Themen wie Islamkritik, die zwischen rechtsextremer Propaganda und religiöser Empfindlichkeit eingeklemmt auch in sachlicher Ruhe schwierig genug zu diskutieren sind. Man wird vermutlich kaum ein größeres Eingeständnis eines redaktionellen Fehlers bekommen, als dass die Titelseite die Leute vom Lesen der Titelstory abhält.
Die Geschichte findet ihr übrigens hier: Sie ist zumindest besser als das Titelblatt. Fast schade, dass man viele Leute vom Lesen abgeschreckt hat.
Unter anderem das ist es ja, was provokant-effekthascherische Schlagzeilen gefährlich macht.