In Wien hat sich 2011 Erstaunliches ergeben. Von den 69 Millionen Euro, die die Stadt über die Parkraumbewirtschaftung eingenommen hat, gab sie 95 Prozent nicht für das Auto aus. „Autofahrer-Abzocke“ betitelt „Österreich“ diese Zahlen, um keinen Zweifel daran zu lassen, was es davon hält.
Quelle der ÖSTERREICH-Grafik laut ÖSTERREICH: „Verwendung Einnahmen Parkometerabgabe“
Bei Betrachtung aller Fakten tut man sich schwer, diese Umschichtung der Mittel vom Auto auf den öffentlichen Verkehr als eine logische und legitime Folge des Regierungseintritts der Grünen zu interpretieren. Noch dazu wurde dafür nicht einmal ein Gesetz verändert, sondern einfach bestehender Spielraum ausgenützt. „Österreich“ deutet diese Umschichtung allerdings so, dass die rot-grüne Regierung in Wien davon abgerückt ist, die Gebühren „wie ursprünglich zweckgebunden vereinbart“ zu verwenden. In Wahrheit zwingt die Verordnung (2006 erlassen) absolut nicht dazu, diese Einnahmen für Auto-bezogene Projekte zu verwenden. Ordnungspolitische Maßnahmen sind sogar ausdrücklich vorgesehen.
„Der Nettoertrag der Parkometerabgabe ist für Maßnahmen zu verwenden, die der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs dienen. Darunter sind vor allem Maßnahmen zu verstehen, die den Bau von Garagen fördern, die der Verbesserung von Einrichtungen des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs dienen, oder solche, die zu einer Funktionsaufteilung zwischen Individual- und Massenverkehr führen.“ (§7 der Wiener Parkometerabgabeverordnung)
Auf Facebook kann man seit diesem Bericht die aufrechtesten unter den AutofahrerInnen beim Schäumen beobachten. „Das schlägt dem Fass den Boden aus“, geifern sie und einzelne fordern: „Diese Hurenparteien gehören verboten“. Sie schimpfen über „die Griechin“, und kommentieren in derselben Gruppe den Anstieg des Benzinpreises mit „Scheiss Grüne“.
Ja, (diese) Autofahrer fühlen sich als „Melkkühe der Nation“ und diese Zahlen, die seien ja nur das nächste Beispiel davon. Freilich ist es ihnen keinen Aufschrei wert, dass die Gebühren für die Parkpickerl ab März um 11 Prozent sinken. (Mir wäre nicht bekannt, dass im Gegenzug 11 Prozent der Parkplätze in Wien vernichtet werden.) Die Parkgebühr macht für AutofahrerInnen aus Wien dann nur noch zwischen 0 und 14€ im Monat aus. Das ist weniger als ein „Österreich“-Abo kostet.
Und die Reaktionen, die „Österreich“ dazu einholt? Abgedruckt sind ausschließlich die von den Oppositionsparteien. Die ÖVP will schlicht wieder mehr Garagen bauen, die FPÖ nutzt die ihr gebotene Plattform um über was anderes zu reden. Sie möchte den RadfahrerInnen wieder mal eine kostenpflichtige Nummerntafel vorschreiben. Was das damit zu tun hat? Weiß man nicht genau, denn die thematisierte Umschichtung hat mit dem Radverkehr wenig zu tun. Christoph Chorherr von den Grünen hat auf unsere Nachfrage auf unserer Facebook-Seite reagiert: „Bisher wurden mit den Einnahmen einerseits die sogenannten Volksgaragen mitfinanziert, andererseits die Wiener Linien. Da 2011 keine neue Volksgarage errichtet wurde, floss der Großteil der Mittel Richtung Wiener Linien (v.a. Ankauf neuer U-Bahngarnituren). Kaum mehr Mittel flossen aus diesem Budgetposten in den Radverkehr“. Bei den Grünen ist man mit der Entwicklung unter diesen neuen Wiener Verkehrspolitik zufrieden: „Die tatsächliche Entwicklung der Verkehrszahlen gibt uns recht (Autoverkehr nimmt tatsächlich ab, Jahreskartenverkauf boomt)“.